Cesy Leonard und Aktionskunst
Shownotes
Das Verhältnis zwischen Aktionskunst und Politik nennt Cesy Leonard eine Liebesheirat. Schon als Jugendliche war die Spraydose ihr Ausdrucksmittel im öffentlichen Raum. Später arbeitete sie am Theater, im Film, beim Zentrum für politische Schönheit und gründete schließlich ihr eigenes Kollektiv: die Radikalen Töchter. In Workshops geben sie jungen Menschen einen aktionskünstlerischen Werkzeugkasten an die Hand, damit diese ihre Themen in der Öffentlichkeit platzieren können.
Cesy Leonard möchte die politischen Herzen der Jugendlichen höher schlagen lassen. Denn sie ist überzeugt: „Das haben wir alle in uns.“ Sie macht damit ein Angebot, das sie sich selbst gewünscht hätte – Erwachsene die sagen: „Du bist wichtig, deine Themen sind wichtig! Sei mutig, dreist und penetrant!“
Im Gespräch mit Ninia LaGrande schwärmt Cesy Leonard von Situationen, in denen Menschen neu zu sich selbst finden. Außerdem geht es um den Zwiespalt zwischen Care-Arbeit und Selbstverwirklichung. Und sie erklärt, warum die AfD in vier Jahren vielleicht wieder unter neun Prozent liegen wird.
TRANSPARENZ
Cesy Leonard empfiehlt das Buch „Alle_Zeit“ von Teresa Bücker über die ungerechte Verteilung von Zeit zwischen den Geschlechtern.
Sie verweist außerdem auf den Instagram-Kanal der Radikalen Töchter. Dort bekommen immer wieder auch progressive Initiativen in Ostdeutschland eine Bühne.
Die Folge mit Cesy Leonard wurde am 07.05.2025 aufgezeichnet.
URHEBERRECHT
Im Intro des Podcasts zitieren wir:
Enissa Amani, aus: „Rebels. Ich rebelliere also bin ich“; Folge 2: „Die Macht der Comedy“ vom 13. Dezember 2022, ARD Kultur, Timecode: 00:11:26
Anja Reschke, aus: „Panorama“, Beitrag „Mein Nachbar ist Nazi“ vom 1. Juli 2022, NDR, Timecode: 00:00:05
Disarstar, aus: „Rebels. Ich rebelliere also bin ich“; Folge 1: „Die Macht der Musik“ vom 13. Dezember 2022, ARD Kultur, Timecode: 00:01:45
DANKSAGUNG
Redaktion: Ruth Klages und Jasper von Römer; Hosts: Ninia LaGrande und Stephan Anpalagan; Produktion: Benjamin Jenak; Artwork: Karla Schröder; Sprecherin: Leni Leßmann
FINANZIERUNG
Veto wird anteilig gefördert von der GLS Treuhand und vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung.
Transkript anzeigen
00:00:00: Es hätte keine Veränderung dieser Welt gegeben, wenn nicht irgendjemand gesagt hätte,
00:00:04: "Achtung, das müssen wir ändern."
00:00:06: Aber manchmal muss man klare Kante zeigen.
00:00:08: Das fordert die Gesellschaft ja auch.
00:00:10: Klare Kante gegen rechts heißt es auch zum Beispiel immer.
00:00:12: Die Welt brennt an allen Ecken und Enden, haben wir extreme massive Probleme,
00:00:17: vor denen sich auch keiner verschließen kann.
00:00:19: Die Welt ist in Aufruhr.
00:00:21: Doch Aktivistinnen geben Hoffnung.
00:00:23: Du hörst ganz schön laut.
00:00:25: Den Veto-Podcast mit Ninia Lagrande und Steven an Palaggan.
00:00:29: Wir stellen Menschen vor, die für Veränderung etwas riskieren.
00:00:32: Und damit herzlich willkommen zu einer neuen Folge von "Ganz schön laut",
00:00:41: dem Interview-Podcast des Veto-Magazins.
00:00:44: Alle zwei Wochen sprechen wir hier mit Menschen, die sich aktivistisch engagieren,
00:00:48: mit Menschen, die ihre Stimme erheben, um in dieser Gesellschaft etwas zum Besseren zu wenden.
00:00:53: Und wer könnte besser in diese Kategorie passen als meine heutige Gästin?
00:00:58: Sie ist Aktionskünstlerin, Regisseurin, Sprecherin und Gründerin.
00:01:03: Andere zu ermutigen und Selbstwirksamkeit spüren zu lassen,
00:01:07: ist ihr Beruf und ihrer Lebensaufgabe.
00:01:09: Als Mutter und radikale Tochter sagt sie Tag für Tag
00:01:12: der Gleichgültigkeit in der Gesellschaft den Kampf an.
00:01:15: Wie sie das macht, darüber sprechen wir in dieser Folge.
00:01:17: Und damit herzlich willkommen ist der Cécileonard.
00:01:20: Hallo.
00:01:21: Hallo, ich freue mich da zu sein.
00:01:23: Ich freue mich auch, dass du da bist.
00:01:25: Und bevor wir so richtig starten, stelle ich dich noch etwas ausführlicher vor.
00:01:29: Du bist geboren und aufgewachsen in Stuttgart.
00:01:32: Du hast dann früh erst Graffiti-Kunst entdeckt,
00:01:36: später auch den Rap hast du die ersten Formen,
00:01:39: actionistischer Kunst gemacht und nach einer Schauspielausbildung in Berlin
00:01:43: ist dann dein Regie-Debut erschienen mit dem Film "Schuld, die Barbarei Europas".
00:01:48: Zusammenzeit hast du deine künstlerischen Fähigkeiten
00:01:51: im künstlerischen Stab des Zentrums für politische Schönheit eingebracht.
00:01:55: Einige Jahre später hast du ein Buch geschrieben
00:01:58: über den alltäglichen Kampf als Mutter und Künstlerin.
00:02:01: Und kurz darauf gründest du schließlich zusammen mit Katharina Hoverig
00:02:05: dein eigenes Künstlerinnen-Kollektiv.
00:02:07: Unter dem Namen "Radikale Töchter" bietet ihr seitdem regelmäßig
00:02:11: Workshops an, um Selbstwirksamkeit erfahrbar zu machen
00:02:14: und die Teilnehmenden dazu zu inspirieren,
00:02:17: sich für demokratische Werte und Gerechtigkeit einzusetzen.
00:02:20: Da hast du sicher ganz viel zu ergänzen,
00:02:23: da wirst du im Laufe unseres Gesprächs auch die Möglichkeit zu haben.
00:02:26: Wir bleiben aber direkt bei den radikalen Töchtern.
00:02:29: Was hat dich dazu bewegt, das Zentrum für politische Schönheit hinter dir zu lassen
00:02:33: und etwas Eigenes auf die Beine zu stellen?
00:02:36: Ja, also das Zentrum für politische Schönheit war meine
00:02:41: "Aktionskünstlerische oder künstlerische Heimat" sehr, sehr viele Jahre lang.
00:02:45: Und ich habe in der Zeit beim Zentrum nicht nur die Aktionen mit mir ausgedacht
00:02:52: und mit durchgeführt, sondern vor allem ganz viel auch auf Podien
00:02:56: und bei Veranstaltungen über die Aktion gesprochen, im Nachhinein.
00:03:01: Und dieses darüber sprechen, wie haben wir das gemacht?
00:03:04: Wer waren wir eigentlich, die an politische Aktionskünstler gemacht haben?
00:03:09: Wer war da alles mit dabei? Was ist so hinter den Szenen passiert?
00:03:13: Das Publikum, das dann vor mir saß, immer total inspiriert und aufgeweckt.
00:03:20: Und ich habe gemerkt, da ist eine Stimmung im Raum, dass Menschen selber ans Handeln kommen wollen.
00:03:26: Und das war eigentlich so, ja, über ein paar Jahre hinweg so der Moment,
00:03:31: wo ich dann später auch mit Katharina Haverig zusammendachten,
00:03:35: daraus müssen wir eigentlich was machen, weil es reicht nicht aus,
00:03:38: dass einige wenige wie das Zentrum oder das Pen-Kollektiv
00:03:41: oder auch andere politische Künstler*innen was tun,
00:03:45: sondern da gibt es eigentlich eine ganz, ganz breite Masse an Menschen,
00:03:49: die auch Bock haben, sich zu engagieren,
00:03:51: aber bis jetzt einfach nicht das Richtige gefunden haben, sich zu engagieren.
00:03:55: Und das haben wir dann eben Stück für Stück umgebaut.
00:03:58: Die Methodiken, die wir beim Zentrum benutzt haben,
00:04:02: dann in so ein Methodik-Baugasten zusammengegossen.
00:04:06: Es sind jetzt elf Methoden der Aktionskunst
00:04:09: und das machen wir eigentlich mit Reilly-Kalitöchter.
00:04:11: Es geht darum, wegzugehen von den Großstädten,
00:04:14: wo vielleicht eh schon mehr Menschen politisiert sind,
00:04:18: hinzugehen zu den Berufsschulen im ländlichen Raum,
00:04:22: dort Menschen mit politischer Aktionskunst zu konfrontieren und zu inspirieren
00:04:27: und sie dabei zu unterstützen,
00:04:30: ihr eigenes politisches Herz höher schlagen zu lassen.
00:04:34: Und das haben wir alle in uns.
00:04:36: Das bringt mich schon zur nächsten Frage.
00:04:39: Wenn du auch sagst, da sitzen Leute oder saßen Leute im Publikum,
00:04:42: die waren dann auf einmal total angefixst,
00:04:45: hat Kunst ja auch viel aktivistisches und politisches Potenzial, oder?
00:04:50: Ja, ich glaube, es geht vor allem bei der Aktionskunst.
00:04:55: Es hat Spannende, dass sie nicht in einem Museumsraum stattfindet,
00:04:59: beispielsweise, oder auf einer Bühne, sondern sie ist super niedrigschwellig.
00:05:04: Sie findet im öffentlichen Raum statt, sie kann passieren in der S-Bahn
00:05:07: oder eben vor dem Theater.
00:05:09: Und dieses niedrigschwellige löst erst mal bei dem Publikum was aus,
00:05:15: dass ich potenziell auch Aktionskünstlerin werden könnte.
00:05:19: Und das ist was total Empowerndes, weil ich nicht darauf warten muss,
00:05:22: dass irgendein großes Theater bei mir anklopft und mir erlaubt,
00:05:26: auf einer Bühne zu stehen, sondern nein,
00:05:29: ich bin diejenige, die dann entscheidet, etwas verändern zu wollen
00:05:33: oder ein Statement in die Welt zu bringen.
00:05:35: Und ich glaube, das hat auch was zu tiefstemokratisches.
00:05:40: Und ich glaube, da treffen sich eben zwei Sachen, sozusagen die Aktionskunst
00:05:45: und die Demokratie.
00:05:47: Die Demokratie auch in dem, dass es um Selbstwuchsamkeit geht
00:05:51: und dass es nur funktioniert, wenn wir alle auch mitmachen und gestalten wollen.
00:05:56: Und dieses künstlerische dann aber auch, dass ich Geschichten erzähle,
00:05:59: Geschichten vielleicht von einer Zukunft, wie möchte ich eigentlich,
00:06:03: dass meine Gesellschaft aussieht oder meine Schule oder es bringt es auch,
00:06:10: was Politik hat häufig, was sehr abstrakt ist,
00:06:13: also so ein Wahlprogramm von der Zukunft,
00:06:17: auch was womit ich gar nichts anfangen kann.
00:06:20: Und die Kunst schafft es einfach häufig, Dinge von was abstrakten,
00:06:24: was sehr konkretes zu bringen, was mich berührt.
00:06:28: Und da treffen sich in meinen Augen einfach so viele Punkte so unglaublich gut zusammen,
00:06:35: das Aktionskunst und vor allem das Politische auch einfach,
00:06:39: ja, es ist eine Liebesheirat.
00:06:43: Wie bist du denn selbst zur Aktionskunst ursprünglich gekommen?
00:06:47: Also ich würde sagen, ich bin nicht dazu gekommen,
00:06:50: sondern sie hat mich irgendwie, glaube ich, gefunden.
00:06:54: Du hast ja schon eingangs gesagt, dass ich selber so im Hip-Hop verortet bin,
00:07:01: da groß geworden bin.
00:07:03: Dass es ja so eine Subkultur war, es damals auf jeden Fall noch so Ende der 90er,
00:07:10: ist dann immer größer geworden, auch vor allem in Stuttgart,
00:07:13: war ja sehr bekannt auch mit Fantafier und dann Freundeskreis und massive Töne und so weiter uns fort.
00:07:21: Aber das war auf jeden Fall mein Aufwachsen und meine Jugendkultur.
00:07:25: Und ich bin aber über das Graffiti ins Hip-Hop gekommen und ich mochte sehr, sehr gerne am Hip-Hop,
00:07:30: dass es eben nicht nur die Musik gab, sondern eine große Kultur eben auch um das Breitdancen,
00:07:37: um das Musikabmischen, das Sampling und den Rap und eben Graffiti.
00:07:43: Und das hatte was Aktionskunsterisch, das würde ich auch sagen,
00:07:47: weil es ging darum, sich selber Bühnen zu nehmen, sich selber den Raum zu nehmen,
00:07:51: auch häufig als jugendliche Personen, die vielleicht normalerweise sonst um Räume kämpfen muss
00:07:59: und immer noch um Räume kämpfen muss, auch heutzutage so, wo finde ich Platz, wo finde ich Gehör,
00:08:05: wo finde meine Themen Gehör.
00:08:07: Und ja, das war mein Eingang ins Kunstmachen, würde ich sagen.
00:08:13: Und später kam das dann über das Theater, über meinen Schauspiel durch Christoph Schlingsief,
00:08:19: für diejenigen, die ihn nicht kennen, ein Theatermacher, der auf jeden Fall das Theatermachen revolutioniert hat.
00:08:27: Also, ja, ein Enfant, Terrible hat man ihn genannt, also hat Theaterstücke außerhalb des Theaters stattfinden lassen,
00:08:37: hat immer wieder Vorstellungen gesprengt, hat viel mit Laien gearbeitet
00:08:42: in seinem Theater, also das hat mich einfach inspiriert, wie kann man eigentlich eine Kunstform,
00:08:50: den Status quo, da nicht einfach akzeptieren, sondern die Kunstform weiterdenken und die Grenzen sprengen und so.
00:08:58: Und das ist so inherent in der Aktionskunst und das finde ich einfach supertoll.
00:09:03: Und das begeistert mich nach wie vor und vor allem begeistert es mich eben auch,
00:09:08: weil ich glaube, dass wir genau das auch für das Nachdenken über das Politische, über die Demokratie brauchen,
00:09:16: also dass wir Dinge, den Status quo nicht als gegeben akzeptieren, sondern Regeln immer wieder in Frage stellen.
00:09:27: Und wie wichtig das ist, beispielsweise zeigen so Beispiele an, ja, das irgendwie vor 97 Vergewaltigung in der Ehe,
00:09:35: beispielsweise noch legal war und es hat irgendwie diese Menschen gebraucht, die das ansprechen und die das dann auch in den Bundestag tragen
00:09:44: und sagen, sorry Leute, was ist hier los und das braucht es immer noch und ich glaube,
00:09:49: ich erlebe einfach eine Gesellschaft, in der uns das sehr aberzogen wird durch die Schule,
00:09:54: dass wir eher mitlaufen mit dem Status quo und eben nicht lernen, so viel den Status quo in Frage zu stellen.
00:10:02: Kannst du uns mal beispielhaft in den Workshop mitnehmen und erklären, wie der so läuft, wie ihr Menschen dann zum Handeln bewegt?
00:10:12: Ja, also wir fangen erstmal an, dass wir ganz, ganz viel Kunst mitbringen,
00:10:17: Aktionskunst, ganz unterschiedliche Beispiele aus, ja man könnte sagen,
00:10:23: letzten 50 Jahren von Aktionskünstlerinnen von der ganzen Welt, die sich bestimmten Themen angenommen haben,
00:10:31: also es kann beispielsweise eine Aktion sein jetzt von Nan Golden, von der Fotografin,
00:10:37: die sich gegen den Sackler-Konzernen, Aktionskünstlerisch gewährt hat,
00:10:41: die Sackler-Familie hat diese Opioid-Schwämme in den USA verursacht,
00:10:46: übrigens ein super guter Dokumentarfilm auch über Nan Golden und ihre Arbeit,
00:10:51: wer sich den anschauen möchte, All the Beauty and the Blood Shed heißt er
00:10:56: und der zeigt zum Beispiel eindrücklich wie eine Gruppe von 11 Personen,
00:11:00: ist dann schaffen, dass tatsächlich diese Sackler-Familie auch angeklagt wird
00:11:07: und Museen dann das Funding von diesen Sackler-Familien zurückdrängt und das Geld nicht mehr haben möchte.
00:11:14: Oder wir zeigen Aktionen natürlich vom Zentrum für politische Schönheit oder vom PEN-Kollektiv,
00:11:21: oder auch viel kleinere Sachen, die ich total inspirierend finde,
00:11:25: wo vielleicht Menschen, die sich gar nicht als Aktionskünstlerin sehen würden,
00:11:30: aber Unrecht erlebt haben, angefangen haben, das Sticker-Kampagne zu launchen
00:11:35: und mit diesen Beispielen treffen wir dann auf Menschen, die sich vielleicht noch nie als Aktionskünstlerin gesehen haben
00:11:42: und wir besprechen das dann mit denen so, was macht das mit euch, die Kunst?
00:11:46: Darf man das? Darf man diese Grenze überschreiten?
00:11:49: Was fandet ihr besonders inspirierend, wenn ihr so was machen würdet?
00:11:53: Was wäre dann euer politisches Thema?
00:11:56: Und ganz wichtig bei unserer Arbeit ist eben nicht mit einem politischen Thema zu kommen,
00:12:01: sondern die Menschen, mit denen wir arbeiten, zu fragen, was ist das, was dich wütend macht?
00:12:06: Wir haben jetzt ganz viele Beispiele gesehen von Aktionskünstlerinnen und Aktionskünstlern,
00:12:11: was sie wütend gemacht haben, wogegen sie eine politische Kunstaktion machen wollten,
00:12:17: aber was ist das, was dich bewegt?
00:12:19: Und ich glaube, da sind wir so sehr am Kern unserer Arbeit, weil es fängt an,
00:12:25: du hast ja gefragt, wie schaffen wir es, Menschen ins Handeln zu bringen?
00:12:29: Und ich bin davon überzeugt, dass wenn wir Menschen ernst nehmen und sie wirklich fragen,
00:12:35: was es ist, was sie am Wüten macht, woran sie was verändern wollen,
00:12:41: dass sie dann sozusagen, wir spielen das Ball in ihren, den Ball in ihr fällt.
00:12:46: Und dann kommt intrinsisch eigentlich diese Lust zu sagen, okay, das und das und das.
00:12:52: Und dann im nächsten Schritt haben wir eben diese Methodiken der Aktionskunft.
00:12:58: Und je nachdem, wie lang unser Workshop geht, das kann irgendwie sein.
00:13:01: Das ist vier Stunden sind, so ein erster Impuls, der Lust macht,
00:13:06: bis hin, dass wir eine Dependiatinnengruppe haben, die wir jetzt schon zum zweiten Mal
00:13:12: eine Gruppe von jungen Menschen aus Thüringen, Sachsen und Brandenburg,
00:13:16: die wir über anderthalb Jahre begleiten dürfen und mit ihnen ein ganzes Programm machen können,
00:13:22: wo wir dann am Schluss einerseits ihre Aktionen auch mit Geld unterstützen und finanzieren können
00:13:28: und mit ganz viel Know-how von ganz tollen anderen Expertinnen,
00:13:33: dass dann wirklich Aktionen stehen am Ende.
00:13:37: Du bist die künstlerische Leiterin von radikale Töchter. Was sind so deine Aufgaben?
00:13:44: Also ich kümmere mich vor allem momentan darum, wo soll es die nächsten vier Jahre hingehen.
00:13:51: Vor allem nach den Wahlergebnissen, die uns alle in der Zivilgesellschaft,
00:13:58: denke ich mal, ganz schön auch unmächtig zurückgelassen haben.
00:14:03: Und vor allem auch mit Blick auf die nächsten vier Jahre uns das Gefühl geben,
00:14:08: okay, es ist einfach nicht mehr wegzudenken, dass die AfD vielleicht potenziell auch die stärkste Kraft wird.
00:14:15: Und was bedeutet das dann für uns, dass ich mich damit auseinandersetze,
00:14:19: mich mit anderen Organisationen auch treffen zu vernetzen und zu schauen,
00:14:24: wo können wir möglichst wirkungsvoll als Organisation den Hebel ansetzen.
00:14:29: Und das heißt, für mich geht es so ein bisschen in den nächsten Jahren darum,
00:14:32: zu arbeiten als künstlerische Leitung an der Organisation.
00:14:37: Also wo wollen wir hin? Was sind die wichtigen Themen, wo wir beitragen können,
00:14:41: als radikale Töchter? Also in so einer Meta-Ebene.
00:14:45: Ich entwickle auch die Workshops dann natürlich mit und um.
00:14:50: Und ich habe sozusagen die Gesamtrichtung im Blick.
00:14:57: Ihr macht ja sowohl Workshops, bei denen sich Menschen freiwillig anmelden können,
00:15:01: aber ihr geht eben auch in Schulen oder Gewerkschaften, wo sich die Teilnehmenden
00:15:05: jetzt vielleicht nicht aktiv dafür entschieden haben, sondern eben einfach da sind.
00:15:08: Stellst du da Unterschiede fest bei den verschiedenen Gruppen?
00:15:13: Ja, also voll wichtig, was du ansprichst. Also ich würde sagen, wir haben so zwei Haupt-Zielgruppen.
00:15:19: Das sind die politisch Interessierten und es ist dann eine große Spanne von jungen Menschen,
00:15:24: aber es können auch die Omas gegen Recht sein beispielsweise.
00:15:28: Und die politisch eher indifferenten Menschen, denen man vielleicht potentiell
00:15:33: eher an Schulen begegnet oder an Berufsschulen.
00:15:36: Und natürlich stellt man da Unterschiede fest.
00:15:40: Aber die zweite Zielgruppe, von der wir gerade sprechen, also Menschen in Schulen zu begegnen,
00:15:46: die sich jetzt nicht aktiv dafür anmelden, das finde ich ist eigentlich die viel, viel spannende Gruppe.
00:15:51: Weil wir da auf Menschen treffen, die entweder aus Gründen einer familiärigen Vorbildung
00:16:01: vielleicht noch nicht so viel damit zu tun haben, dass man sich politisch engagiert,
00:16:07: weil die Eltern das nicht tun und nicht auf Demos gehen oder Zeitung lesen oder ins Museum gehen
00:16:13: und so weiter und so fort. Oder weil sie vielleicht auch einfach ganz andere Interessen haben
00:16:18: oder super enttäuscht wurden von politischen Angeboten in der Vergangenheit.
00:16:23: Und da stellt man totales, ja, totalen Unterschied fest in der Art und Weise erst mal, wie man sich begegnet.
00:16:32: Und gleichzeitig würde ich sagen, gerade dieses Begegenden über das Künstlerische,
00:16:38: in dem man mit Kunstaktionen kommt, die humorvoll sind, die eine Geschichte erzählen,
00:16:44: die einen zum Lachen bringen, auch wovor vor allem Menschen politische Kunst gemacht haben,
00:16:50: die davor nicht studiert haben oder selber Politiker in sind, sondern vielleicht selber auch Jugendliche waren.
00:16:56: Dass es was, was einfach so viel mehr Menschen abholt, dann potenziell auch interessiert daran zu sein,
00:17:04: sich in der einen oder anderen Art und Weise dann auch wieder beteiligen und beteiligen zu wollen,
00:17:14: aber auch initiieren zu wollen, ins Handeln zu kommen.
00:17:17: Bleibt ihr dann nach den Workshops mit den Leuten, die dabei waren in Kontakt
00:17:22: oder gibt es irgendwie so eine Möglichkeit für euch dann nochmal auszuwerten,
00:17:26: wer dann wirklich tatsächlich irgendwie danach ins Handeln kommt?
00:17:31: Ja, unbedingt. Also das ist ein großer Teil unserer Arbeit besteht daraus, genau das möglich zu machen.
00:17:40: Also einerseits dadurch, dass wir gucken, dass wir so eine Evaluation an den Staat gebracht haben,
00:17:46: dass wir danach ein halbes Jahr später mit Teilen der Gruppen widersprechen können,
00:17:52: entweder dort anrufen oder irgendwie in Austausch sind, sei es durch Fragebögen oder so,
00:18:00: dann haben wir eine Telegram-Gruppe, die immer mehr wächst und wo es ganz, ganz wichtig ist,
00:18:09: dass wir miteinander im Austausch sind, wo wir auch aktiv dazu einladen,
00:18:14: die Menschen, die an unserem Workshop teilgenommen haben, dass wir uns so wieder begegnen.
00:18:18: Es gibt die Möglichkeit bei uns nach dem Workshop auch selber als Trainerin einzusteigen.
00:18:24: Das heißt, wenn es für mich in irgendeiner Art und Weise interessant war,
00:18:27: kann ich sozusagen selber als Multiplikatorin dann potenziell agieren und mit bei uns Teil der Bande werden.
00:18:36: Und wir sind auch über Social Media aktiv und ich glaube, das ist so das niedrigschwelligste,
00:18:41: dass eine Person vielleicht inspiriert war oder ist von unserer Arbeit und dann auf diese Art und Weise
00:18:47: mit uns in Kontakt bleiben kann. Also dieses "dranbleiben" und auch die Möglichkeit geben,
00:18:53: das wollen wir auch jetzt noch mehr ausweiten, indem wir Beratungsangebote machen.
00:18:58: Das heißt, wenn eine Gruppe sich entscheidet in ihrer Kleinstadt oder Dorf,
00:19:02: eine Aktion umzusetzen, dass sie auch die Möglichkeit hat, dann wieder mit uns im Team in Kontakt zu treten
00:19:11: und nachzufragen, sagen wir mal, würdet ihr es auch so machen und was können wir noch verbessern
00:19:16: an der Art und Weise, wie wir arbeiten, was würdet ihr konkret für Tipps geben und vielleicht haben
00:19:22: wir auch die Möglichkeit, sie dann wiederum mit anderen Expertinnen dann wieder vernetzen zu können.
00:19:27: Du arbeitest ja auch wahrscheinlich sehr viel mit jungen Menschen zusammen. Was bedeutet dir das?
00:19:34: Also ich hätte mir so eine Möglichkeit als junge Person gewünscht, dass mir so ein Angebot
00:19:43: begegnet, wie das, was wir bei radikale Töchter machen. Zum einen, weil es mich total inspiriert
00:19:53: hätte zu sehen, dass es Menschen gibt, die so was, wir nennen es legaler Stress, also die legal Stress
00:20:01: machen, die den Status quo auf eine kreative, aber laute und humorfale Art und Weise in Frage
00:20:10: stellen. Das ist, finde ich, so inspirierend. Auch andere Personen, die erwachsen sind,
00:20:17: die damit tatsächlich ihr Geld verdienen, dass es so was gibt, das hätte ich niemals
00:20:23: für möglich gehalten. Auch das Erwachsene, mir auf Augenhöhe begegnen und mir das Vertrauen
00:20:32: entgegenbringen und sagen erst mal, du bist wichtig, deine Themen sind wichtig, deine Themen sind
00:20:38: super wertvoll, die müssen gehört werden und wie kann ich dir helfen, deine Themen in die
00:20:44: Öffentlichkeit zu bringen. Dieses Ernstnehmen, das finde ich einfach essentiell notwendig und
00:20:56: mich inspiriert so an jungen Menschen, dass ich würde sagen, was für eine unglaubliche Kreativität
00:21:02: in ihnen schlummert. Vielmehr, wir haben so ein Spiel in unseren Workshops, das heißt "Ja aber"
00:21:10: und "Ja und". Und dieses "Ja aber, das klappt ja nicht" das ist bei Erwachsenen schon so fest
00:21:21: verankert, zum einen weil wir vielleicht diese Erfahrungen gemacht haben in unseren Berufsalltag,
00:21:26: also auch bei Mitarbeiterinnen, bei NGOs und so weiter und so fort. Begegnet uns das immer wieder
00:21:31: total, wenn wir mit denen im Workshop unterwegs sind, dass sie uns dann erzählen, warum das eine
00:21:37: oder das andere nicht funktioniert. Und die Aktionskunst lebt halt davon und wenn ich was lernen
00:21:43: durfte beim Zentrum für politische Schönheit, war es immer so, wo ein Wille da ein Weg und wir
00:21:49: kriegen das irgendwie hin und wir schaffen das irgendwie so und so zu machen und einfach dieses
00:21:55: Mutigsein, dieses Dreißsein, dieses nochmal Anrufen, dieses Penetrantsein und wenn wir das
00:22:02: vermitteln und die Jugendlichen sind da viel mehr in diesem Jahr und denken "Ja und dann machen wir
00:22:08: noch das und dann könnten wir noch bei dieser und jener Person anrufen" und die sind da einfach
00:22:12: dafür offen, dass das potenziell möglich ist. Und ich glaube, dass es auch was, was uns so doller
00:22:19: aberzogen wird von unserer Gesellschaft, weil wir in die Schule gehen und dann fängt es eigentlich
00:22:24: ganz schnell an uns zu sagen "Ja aber, warum so viele Dinge nicht gehen und wir werden nicht so sehr
00:22:32: dazu inspiriert in diesem Jahr und denken zu bleiben und ja, da sind Jugendliche oder junge
00:22:38: Erwachsene so viel schneller dabei und auch viel schneller zu inspirieren und deswegen liebe ich
00:22:43: die Arbeit mit jungen Menschen sehr. Hast du da nicht manchmal das Gefühl, euer Angebot wäre
00:22:48: auch gerade was für ältere Leute, dass die so freigestellt werden und dann heißt es so "Heute
00:22:53: machen wir mal, weiß ich nicht, Ü50, Ü60 Workshop mit den radikalen Töchtern, oder?" Auf jeden Fall,
00:23:00: ich würde sagen, ich würde sagen, es ist was für alle. Ich kann mich auch an eine Geschichte
00:23:07: erinnern, da ist ein junger Mann zu uns in den Workshop gekommen und seine Eltern waren zu Besuch
00:23:14: zu der Zeit und er hat gefragt, ob er seine Eltern mitbringen kann in den Workshop spontan und
00:23:19: wir haben gesagt "Klar, kein Problem" und er kam danach zu uns und hat erstens gesagt, dass er
00:23:26: eigentlich noch nie hat er gesagt mit seinen Eltern einen solchen Austausch gefunden hat wie
00:23:32: nach dem Workshop, also bei uns geht es auch viel um Gefühle und um Emotionen, es geht um die Emotionen
00:23:38: Wut, es geht um Unmacht, es geht aber auch darum wieder zu lernen, sich zuzuhören und das heißt
00:23:45: dieses aktive Zuhören, also die eine Person spricht drei Minuten, die andere Person hört zu
00:23:51: und gibt dann wieder was sie gehört hat, warum üben wir das, das ist einfach total wichtig
00:23:57: auch für eine Demokratie, dass wir wieder lernen uns zuzuhören und er kam danach zu und hat gesagt
00:24:03: wow, ich habe meinen Eltern noch nie so zugehört, sie haben mir noch nie so zugehört und dieses
00:24:09: wirklich Zuhören bricht ja auch das auf, was du gesagt hast, weißt du, wir sind so schnell
00:24:14: in der Antwort formulieren, weil wir während dem Zuhören meistens schon wieder darüber nachdenken,
00:24:20: was die Person eigentlich gerade von sich gibt und wie wir ihr möglichst schnell und gut
00:24:26: widersprechen können, also ich glaube ja in dem Sinne wäre es auch ein perfekter Workshop für
00:24:34: Eltern und ihre Kinder. Wenn du jetzt alle Ressourcen, die du dir vorstellen kannst zur Verfügung
00:24:41: kettest um eine Aktion für Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit zu gestalten, wie sehe die aus?
00:24:50: Wow, alle Ressourcen, also ich glaube damit könnte man auf jeden Fall was reißen, also ich glaube,
00:24:57: ich würde sie erstmal als was sehr langfristiges anlegen, weil wenn ich was gelernt habe ist,
00:25:06: dass es zwar schön ist mit einem knalligen Bang rauszugehen, also das erste ist, ich würde sie
00:25:13: langfristig anlegen, das heißt diese Aktion wäre niemals vorbei, das zweite wäre ich würde mit
00:25:19: einem knalligen Bang rausgehen, das heißt alle Medien weltweit würden darüber berichten und ich
00:25:25: hätte auch die Ressourcen dazu, dass sie darüber berichten würden und drittens wäre es wahrscheinlich
00:25:33: eine Mischung zwischen einem langsamen Bilden, also einem Prozess, der langsam sein darf, der nicht
00:25:44: sofort zum Erfolg führt, weil ich auch da sagen würde, ja wir sind dann gleich bei der Idee von
00:25:56: Demokratie, also die Idee von Demokratie ist ja, dass wir alle gemeinsam an was mitarbeiten und dass
00:26:05: wir nicht sofort vielleicht zu einem Erfolg kommen, aber gemeinsam um einen Erfolg ringen und
00:26:10: gemeinsam Ziele verfolgen und ich glaube so müsste diese Aktion auch aufgebaut sein, also sie hat
00:26:17: kein Ziel, weil wir sind uns darüber bewusst, dass Ziele sich verändern dürfen, dass wir eine
00:26:24: lebendige Gesellschaft und Zukunft gemeinsam formen, in der wir immer wieder darum ringen, wie
00:26:32: erreichen wir unsere demokratischen Ziele, in denen es uns allen in dieser Gesellschaft gut geht.
00:26:37: Es war jetzt ein bisschen um den Brei drum herum geredet, aber vielleicht auch, weil ich meine
00:26:42: Aktionsideen hier nicht verraten würde, sondern sie einfach machen. Hoffen wir mal, dass du zumindest
00:26:48: ganz viele Ressourcen irgendwann zur Verfügung hast. Also wir spielen in unserem Podcast auch
00:26:56: zwischendurch immer Spiele und jetzt ist die Zeit für unser erstes Spiel gekommen. Dieses Spiel
00:27:01: heißt alles auf Zeit. Ich stelle gleich einen Timer auf eine Minute und du hast dann Zeit,
00:27:08: so viele Fragen wie möglich, die ich dir alle stelle hintereinander zu beantworten. So musst
00:27:14: auch nicht lange nachdenken, Hauptsache es geht schnell und dann gucken wir mal was dabei raus
00:27:19: kommt. So ich stelle meinen Timer hier ein. Ich bin gespannt, ich bin ja nicht so die Spiele-Spielerin.
00:27:24: Jetzt schauen wir mal. Dann geht's los nach unserem tollen Jingle.
00:27:29: Ganz schön knapp, alles auf Zeit.
00:27:36: Welche App hat dein Leben besser gemacht? Waking Up, das ist so eine Meditations-App.
00:27:44: Dein Lieblingssprichwort? Das Umgedrehte von der "Frühe Vogel fängt den Wurm".
00:27:52: Wenn morgen die Welt untergeht? Dann wär's ziemlich scheiße.
00:28:00: Dieses Buch liegt auf deinem Nachtisch? Oh, schon sehr lange liegt bei mir das Buch 22 Bahnen.
00:28:11: Welchen Musiker oder welche Musikerin findest du nur heimlich toll?
00:28:16: Ich bin da so ein super krasser Musik-Nord, ich erlaub mir gar nicht heimlich toll,
00:28:22: irgendwelche Leute zu finden. Ich find eher so wirklich Underground Hip Hop toll und solche Sachen.
00:28:29: Was sagst du? Was sagst du wirklich häufig?
00:28:33: Toll. So, das war's schon. Diese App, Waking Up heißt die? Waking Up.
00:28:46: Das heißt du fast auf und meditierst dann erst mal eine Runde oder wie kann ich mir das vorstellen?
00:28:50: Ja, ja gerade nicht so. Ich habe gerade ein sechs Monate altes Baby, mein drittes Kind und deswegen
00:29:01: gerade nicht so. Aber ich habe das eine Zeit lang sehr intensiv gemacht und das hat auf jeden Fall
00:29:07: sehr geholfen, mich zu fokussieren, mich zu zentrieren. Ja.
00:29:15: Kurze Werbeunterbrechungen eigener Sache. Mit Veto geben wir Aktivismus eine mediale Bühne.
00:29:21: Wir erzählen von denen, die aufstehen und ihre Stimme erheben. Was sie wollen, was sie antreibt,
00:29:27: das lest ihr jede Woche neu auf www.veto-magazin.de.
00:29:30: Du hast es gerade gesagt, genau weil wir wollten ja eigentlich schon vor einem halben Jahr mit dir
00:29:39: sprechen und dann haben wir unsere Aufnahme selbstverständlich verschoben, weil dein Kind
00:29:44: gekommen ist. Würdest du sagen, dass du neben einer radikalen Tochter auch eine radikale Mutter
00:29:49: bist? Ich versuche eine radikal empathische Mutter zu sein und eine radikale Mama im Sinne
00:30:02: von auch mich immer wieder hinterfragend. Woher kommen meine Ansichten über Erziehungen beispielsweise
00:30:13: und dass es mir ganz wichtig ist, Fehler zuzugeben und dass ich hoffe, dass ich auch eine radikale
00:30:22: Mutter bin im Sinne von, wenn mein Kind nicht mehr so ist.
00:30:24: meine Kinder später mal zu mir kommen und sagen, das und das und das war überhaupt nicht gut,
00:30:29: dass ich radikal sagen kann, wow, es tut mir so leid und ich möchte mir das mit dir zusammen
00:30:37: anschauen und ich hab damals mein Bestes gegeben. Also, ja, diese Beziehung zu pflegen, zu ihnen,
00:30:47: das ist mir wichtig.
00:30:48: Haben sich auch politische Ansichten oder Haltung durch deine Erfahrungen als Mutter verändert?
00:30:53: Nicht verändert, aber ich würde sagen, ich bin noch radikal feministischer geworden,
00:31:01: auf jeden Fall ab dem Moment, wo man Mama wird, weil einem da einfach ganz klar nochmal vor Augen
00:31:09: geführt wird, dass wir noch so lange nicht bei einer gleichberechtigten Gesellschaft angekommen
00:31:15: sind und dass es immer noch so ist, dass wir einfach in einem System leben, in dem wir als Väter
00:31:25: und Mütter nicht gleichberechtigt erziehen können, nicht gleichberechtigt zur Arbeit gehen können,
00:31:36: und ja, Kehrarbeit leisten und so weiter und so fort.
00:31:42: Gibt es einen Wert, den du deinen Kindern am dringlichsten mitgeben möchtest?
00:31:47: Nicht einen einzigen, aber ich denke, dass es mir wichtig ist, dass sie empathische Menschen
00:32:02: sind, die mitgefühlt zeigen, die Empathie mitbringen, denen Gerechtigkeit wichtig ist,
00:32:14: die mutig sind, wenn anderen Ungerechtigkeit angetan wird und dann den Mut haben, die
00:32:22: Stimme zu erheben. Ja, das sind so Werte, die ich versuche, ihnen zu vermitteln.
00:32:28: Dass sie Fehler machen dürfen, dass Fehler machen wichtig ist, dass wir ohne Fehler
00:32:33: machen nicht lernen können, dass Kreativität wichtig ist, dass liebevoll sein wichtiger
00:32:41: ist, als zu gewinnen, solche Sachen.
00:32:43: Du hast ja auch in dem Buch "No More Bullshit", das Handbuch gegen sexistische Stammtischweißheiten,
00:32:50: eine Zerrissenheit zum zentralen Thema gemacht, nämlich dazwischen eine gute Mutter sein
00:32:55: zu wollen und der Karriere als Künstlerin nachgehen zu wollen.
00:32:58: Das Buch ist 2018 veröffentlicht worden.
00:33:01: Wie fühlst du dich heute mit dem Blick auf diese beiden Pole?
00:33:04: Ja, also wie ich schon eingangs angesprochen habe, es ist einfach ein riesengroßes, also
00:33:13: das eine ist, dass wie man es als Individuum wahrnimmt und das geht jetzt nicht nur darum,
00:33:18: ob man Künstlerin ist, sondern auch als Arbeitende oder als Arbeitende Person im Allgemeinen.
00:33:26: Es ist ein absolut systemisches Problem, den wir gegenüberstehen.
00:33:30: Es ist immer noch so, dass es einfach zu wenig Kita-Plätze gibt, wenn es nicht gerade im
00:33:40: Osten Deutschlands ist, wie gerade in Berlin, wo wir das große Glück haben, dass es gerade
00:33:45: fast zu viele Kita-Plätze gibt.
00:33:47: Aber es ist einfach ein Problem, wie vereinbaren wir als Menschen, die sich um Familie kümmern,
00:33:56: die Kehrarbeit.
00:33:57: Und da geht es nicht nur um Kinder, es geht einfach so viel weiter auch darum, wie können
00:34:02: wir einen Ehrenamt integrieren, wie können wir uns um Menschen kümmern in unserer Gesellschaft,
00:34:08: die vielleicht unsere Hilfe benötigen, unseren Kehr benötigen.
00:34:13: Dafür hat unsere Gesellschaft überhaupt gar keine Lösungen, ein ganz großartiges Buch
00:34:17: dazu hat Theresa Bücker mit "Alle Zeit" geschrieben, unbedingt lesenswert.
00:34:24: Und da müssen wir anfangen, umzudenken und ich versuche da so in mini kleinen Schritten
00:34:32: voranzugehen, indem ich jetzt, wenn ich wieder auf, es sind teils es ist hauptsächlich immer
00:34:39: Mütter, die man trifft in so Gruppen mit Babys, dass man darüber anfängt zu sprechen.
00:34:45: Und das sind dann so einfache Sachen wie "Hey, wer nimmt bei euch, wie viel Elternzeit"
00:34:50: beispielsweise, wann fängst du wieder an zu arbeiten, arbeitest du danach in Teilzeit,
00:34:54: wie sieht es mit deinem Partner aus, arbeitet der in Teilzeit, weil das sind so konkrete
00:34:59: politische Themen, die so eine große Auswirkung auf unser Zusammenleben haben.
00:35:06: So die Person, die in jetzt in Teilzeit arbeitet und sich mehr um die Familie kümmert, wird
00:35:12: potenziell diejenige sein, die später viel weniger Geld in der Rente hat beispielsweise.
00:35:18: Und wenn ich mich trenne von meinem Partner, dann bin ich die Angeschissener.
00:35:23: Und ich finde es total wichtig, dass wir als Menschen uns umhören und diese Modelle,
00:35:32: die wir so vorgelebt bekommen haben von unseren Eltern und die wir immer noch so weiter geben,
00:35:37: dass wir anfangen, die einerseits in Frage zu stellen, aber nicht, weil wir uns dadurch
00:35:43: individuell dann schlecht fühlen damit, warum wir das so leben als Familie.
00:35:49: Weil es natürlich schwierig ist, wenn die eine Person viel mehr verdient und ich mir eine
00:35:55: Miete leisten muss in der Großstadt, dass es dann häufig so ist, dass die weniger verdienten
00:36:01: Personen dann auch weniger arbeiten geht und sich um die Kinder kümmert, aber dass wir
00:36:05: das auf einer systemischen Ebene dann anfangen, auch in Frage zu stellen und uns darüber
00:36:10: bewusst machen, dass es einfach schwierig ist und dass wir diese Probleme adressieren
00:36:15: müssen.
00:36:16: Du hast mit dem Schauspiel aufgehört, wegen sexistischen Rollenzuschreibungen und dem
00:36:21: Druck diesen Zuschreibungen zu entsprechen.
00:36:23: Kommt für dich noch eine Arbeit in Frage, bei der du in einer, sagen wir mal untergeordneten
00:36:30: Rolle arbeiten würdest und andere dir sagen, was du zu tun hast?
00:36:35: Schöne Frage.
00:36:36: Also ja, nicht in meiner hauptsächlichen Arbeit, aber ich engagiere mich an unserer
00:36:47: Schule zum Beispiel in einer AG und da stecke ich ehrenamtlich Arbeit rein und da bin ich
00:36:55: durchaus, dass es durchaus für mich in Ordnung, dass die anderen aus der Gruppe sagen, hier
00:37:00: das und das, da braucht man ja eine Unterstützung, tu dies und das.
00:37:04: Also insofern schon, aber ich kann mir schon vorstellen, dass ich, es war kein leichter
00:37:12: Weg, den ich gegangen bin, weil das was ich jetzt mache, also ein Künstlerin, ein Kollektiv
00:37:18: oder eine Flurmaerleit, wie radikale Töchter, ist nichts, was ich mit 17 wusste, dass es
00:37:23: was ist, was ich machen will, sondern ich hatte einen supergebrochenen Lebenslauf und
00:37:29: das war alles, was du vorgelesen hast, das hört sich dann so toll an, wow, was hat sie
00:37:33: alles gemacht, aber das war auch sehr schmerzhaft und schmerzhaft, weil es von sehr viel Misserfolg
00:37:43: gekrönt war und von einem sehr gebrochenen Lebenslauf und von sehr viel Kellnern dazwischen
00:37:49: und von sehr viel Suchen und wo andere vielleicht schon in ihren 20ern erfolgreich waren, mit
00:37:55: bestimmten Sachen und Geld verdient haben, das hatte ich alles nicht und ich glaube,
00:38:00: das ist mir hier auch nochmal wichtig, das zu betonen, um auch anderen Mut zu machen,
00:38:05: die sich vielleicht jetzt zu fühlen, wie ich, dass es bestimmte Dinge gibt im Leben, bestimmte
00:38:10: Lebenswege, die kann man nicht so eins zu eins voraus sehen und voraus sagen, sondern
00:38:16: die ergeben sich, wenn ich, ja, es hört sich ein bisschen cheesy an, aber sich selber
00:38:23: vielleicht auf eine Art und Weise treu zu bleiben und den Mut nicht zu verlieren auf
00:38:30: dem Weg und mir hat auch immer wieder geholfen, ich meine, ja, ich bin sehr privilegiert,
00:38:36: ich bin weiß, ich bin deutsch, ich hätte immer die Möglichkeit gehabt, auf ein Sozialstaat
00:38:44: auch erstmal zurückzufallen, ich habe immer einen Dach über den Kopf, ich habe immer
00:38:47: genug zu essen, das habe ich mir auch immer wieder gesagt sozusagen auf dem Weg dieses
00:38:52: Weges und mich auch immer wieder so verteidigt, auch vor meinen Eltern und so weiter und
00:38:58: sofort, dass es okay ist, dass wir hier ein großes Privileg haben, uns auch auszuprobieren
00:39:03: als Menschen und auch mutig sein zu dürfen. Aber, ja, das wollte ich hier nochmal sagen,
00:39:12: weil manchmal hört sich das so an, dann ist sie einfach diesen Weg gegangen und so einfach
00:39:16: ist es halt nicht.
00:39:17: Ja, ich kenne das dann auch, wenn man irgendwo anmoderiert wird und dann wird so hintereinander
00:39:22: weg geredet in 30 Sekunden, was man nicht alles schon tolles gemacht hat und dann denke
00:39:26: ich immer so, ja, aber ich bin halt auch schon über 40, also das hat er so an ganzer Zeit
00:39:32: muss, das hört sich jetzt so gerafft irgendwie voll krass an, als hätte man das mit Anfang
00:39:35: 20 schon alles schaffen müssen irgendwie und selbst mit 40 muss man das auch nicht schaffen,
00:39:40: als ich geschabt habe. Da passt, da gehören viele Privilegien und Glück und Zeit dazu,
00:39:45: so wie bei dir wahrscheinlich auch.
00:39:47: Ja, aber ich möchte unbedingt vielleicht wie du auch dafür Mut machen und wenn du mit 50
00:39:53: anfangen willst, das zu machen, dann geh diesen Weg. Also ich bin einfach so was von überzeugt,
00:39:59: dass es nicht dieses, ja, diese Altersgrenze gibt, an der man sowas festmacht, sondern,
00:40:07: ja, das kann ich immer wieder anfangen.
00:40:10: Es gibt auch viele schöne berühmte Beispiele für, was macht dich außer deinen politischen
00:40:16: Überzeugungen, deiner Arbeit und dein Muttersein aus?
00:40:19: Was macht mich aus? Ich glaube meine Neugierde und meine Energie, ich bin unglaublich neugierig,
00:40:36: ich habe unglaublich viel Energie und ich habe immer wieder Lust, was Neues auszuprobieren.
00:40:43: Ich glaube, das so mir zu.
00:40:46: Ja, wir kommen zum zweiten Spiel in Häkchen. Es geht mehr um einen Moment. Du hast ja eben
00:40:52: schon vom Mutigsein gesprochen und wenn ich jetzt gleich den Dschingel abspiele, dann
00:40:58: bitte ich dich einen Vetomoment, so nennen wir das mit uns zu teilen. Das kann ein Moment
00:41:03: sein, in dem jemand Mut bewiesen hat, widersprochen hat, sein Vetom eingelegt hat, sich aktiv
00:41:08: für eine Sache eingesetzt hat. Also letztendlich geht es um einen Moment des Widerstands, der
00:41:13: dich vielleicht berührt hat und der dir in Erinnerung geblieben ist. Und ich spiele den
00:41:19: Dschingel ab und dann darfst du diesen Moment gerne mit uns teilen.
00:41:22: Ich möchte mit euch einen Moment teilen, den viele vielleicht als etwas sehr Kleines
00:41:40: wahrnehmen würden, aber ich fand es unglaublich mutig. Und zwar haben wir mit einer Klasse
00:41:45: in Die Poldeswalde gearbeitet. Es war eine reine Jungsklasse an einer Berufsschule und
00:41:54: ja, es war so typisches Dudegehaber die ganze Zeit in der Klasse. Wir haben dann irgendwann
00:42:01: angefangen, zu Emotionen zu arbeiten und wir haben es geschafft, dass wir gemeinsam auf
00:42:08: eine Ebene gekommen sind, wo wir wirklich über Gefühle geredet haben und über Gefühle
00:42:14: von Traurigkeit, von Ohnmacht. Und da hat ein junger Mann dann einen Moment geteilt,
00:42:22: in dem eine Liebe ihm gesagt hat, dass er nicht mehr sein an der Nummer 1 steht. Und
00:42:34: die anderen in der Klasse haben ihm zugehört und waren da und haben ihm Supportive aufgefangen.
00:42:42: Und ich fand, es war so ein starker und so ein mutiger Moment, weil er einfach so ein
00:42:47: Gruppengefühl plötzlich auf eine ganz andere Ebene gehoben hat. Und danach konnten wir
00:42:53: anfangen zu arbeiten. Danach konnten wir uns als Menschen begegnen und dass er diesen
00:42:58: Raum aufgemacht hat und diesen neuen mutigen Raum betreten hat. Das hat mir gezeigt, dass
00:43:04: es möglich ist und dass wir das aber auch brauchen, um dann ins politische Arbeiten
00:43:10: zu kommen.
00:43:11: Richtig schöner Moment auf jeden Fall. Ich kann mir das vorstellen, wie man da im ersten
00:43:15: Moment reinkommt und sich dann wahrscheinlich noch nicht vorstellen könnte, dass so eine
00:43:19: Szenerie irgendwie passieren kann. Mut ist ein Muskel, der trainiert werden muss. So heißt
00:43:27: es im Mutplaner, ein Kalender, den die radikalen Töchter schon zum zweiten Mal veröffentlicht
00:43:31: haben und der dazu animieren soll mutig zu sein und Wut in Mut zu transformieren. Viele
00:43:37: Menschen sind ja derzeit wütend, unzufrieden und frustriert. Sind es nicht optimale Bedingungen
00:43:43: für mutiges und radikales Umdenken und Handeln? Was glaubst du, wie es so gibt es trotzdem
00:43:48: aktuell so viel Mutlosigkeit und Resignation?
00:43:50: Ja, so dieses Gefühl, dass wir uns ins Private zurückziehen wollen, dass es gerade überall
00:44:00: ist. Also es würde ich ganz genau so sehen. Also ich finde es krass schockierend natürlich,
00:44:04: wenn man nach Amerika schaut und dort so wenig Widerstand öffentlich sichtbar ist. Und anderer
00:44:12: seits hier auch würde ich sagen, ich würde auch noch mal sagen, ins vermeintlich Private
00:44:19: zurückziehen. Also einen Teil der Arbeit bei radikale Töchter, deswegen habe ich auch
00:44:24: gerade diesen mutigen Moment geteilt, dass wir sagen, es gibt gar nicht diese Unterscheidungen
00:44:29: zwischen dem politischen und dem privaten. Denn das Private ist, wenn man in die Kehrarbeit
00:44:37: guckt und so weiter und so fort, das Private ist längst politisch. Das heißt, dieser
00:44:42: Rückzug ins Private bedeutet auch immer ein politisches Statement und vermeintlich kann
00:44:49: ich nicht handeln, weil nicht handeln ist auch in irgendeiner Art und Weise immer eine Entscheidung
00:44:56: sich zu verhalten zum Status quo. Ich denke aber auch, dass diese Ohnmacht, die gerade
00:45:03: entsteht, einfach vielleicht eine Überforderung ist, weil wir so ein Gefühl haben, jetzt haben
00:45:09: wir schon so viel getan, wir waren schon so viel auf der Straße und haben gekämpft für
00:45:16: das Klima beispielsweise oder gegen die AfD in vielen Teilen aus Deutschlands, dass dadurch
00:45:22: eben diese Ohnmacht und diese Resigination auch entsteht. Also ich kann das auch durchaus
00:45:27: absolut verstehen, dass das gerade da ist und gleichzeitig versuchen wir eben auch mit
00:45:36: so Projekten wie dem Mutplaner das Framing so ein bisschen umzudeuten, also ein bisschen
00:45:44: mehr wegzukommen, von dem, dass wir irgendwann mal bei was idealem ankommen, also wir sind
00:45:53: aktivistisch, wir engagieren uns und dann haben wir es irgendwann mal geschafft. Also
00:45:57: wir haben dann irgendwann mal, sind wir, genau, sind wir am Ziel angekommen und das ist Feierabend
00:46:04: und jetzt können wir die Füße hochlegen. Am letzten Spanienpodium hat mich auch jemand
00:46:09: gefragt, wann haben wir genug getan und ich finde in dieser Frage steckt so viel drin
00:46:17: eben auch wie deine Frage, also warum ist da so viel Resignation und warum können wir
00:46:23: nicht mehr. Ich glaube, wenn wir irgendwann denken, dass wir irgendwann genug getan haben
00:46:28: und ich würde uns alle dazu inspirieren, die Demokratie oder politischen Aktivismus eher
00:46:35: so zu betrachten wie eine richtig gute Beziehung zu einer Freundin, weil da würden wir uns
00:46:43: ja diese Frage nie stellen, wann haben wir genug getan für die Freundschaft oder für
00:46:48: die Beziehung. Wir würden eigentlich einfach immer weiter machen und wir würden akzeptieren,
00:46:55: dass wir uns auch meine Zeit lang nicht gut verstehen, dass wir frustriert sind, dass
00:47:02: wir vielleicht wütend sind, dass vielleicht die Freundschaft in der Sackgasse ist und
00:47:07: trotz allem würden wir dann ja weitermachen und wieder weiter daran arbeiten und ich glaube,
00:47:15: das ist was total wichtiges, würde ich auch sagen, was uns vielleicht auch schützen kann
00:47:20: vor diesem Activist Burnout und diesem Gefühl von entweder tue ich ganz viel oder ich tue
00:47:27: gar nichts, aber da so ein Mittelweg zu gehen und vor allem auch vielleicht nicht so streng
00:47:37: mit sich selber zu sein und es auch okay ist, dass man mal ein Zeit lang absolut hoffnungslos
00:47:43: und unmächtig ist und dass es aber die Lust dann schon wieder kommt, was zu tun.
00:47:48: Ihr habt euch als radikale Töchter ja auch dem Kampf gegen Gleichgültigkeit verschrieben.
00:47:54: Hast du das Gefühl, dass sich manche Menschen aktuell ein bisschen zu bequem machen angesichts
00:48:01: der düsteren Lage?
00:48:02: Ich finde das immer schwierig, das sozusagen. Also ein Teil in mir natürlich fragt sich so,
00:48:15: warum sind wir nicht alle auf der Straße und warum sind wir nicht alle radikal am Kämpfen,
00:48:20: weil wir gerade natürlich dabei sind, wahrscheinlich unsere Demokratie zu verlieren an eine gesicherte
00:48:32: rechtsextreme Partei in den nächsten Jahren und wenn wir nicht alle aktiv uns dagegen
00:48:38: einsetzen auf die eine oder andere Art und Weise, dann haben wir schon verloren und gleichzeitig
00:48:48: glaube ich, wenn man sagt, ihr seid so unbequem und ihr seid so faul und warum tut ihr nichts,
00:48:56: dass man damit gar nichts gewinnt. Weil ja, wir fragen uns halt ganz viel, dass es Gründe
00:49:05: gibt, warum Menschen nichts tun und warum sie sich nicht trauen, was zu tun und warum
00:49:09: sie total mit ihrem Privatleben, mit ihrem vermeintlichen Privatleben beschäftigt sind
00:49:15: und mit Lohnarbeit und mit dem täglichen Struggle von Kinder, Schule, Geld verdienen
00:49:22: und so weiter und so fort. Aber ja, also wenn du mich fragst, einerseits die Frage, es gibt
00:49:27: Menschen, die tun viel zu wenig und andererseits aber unsere Frage, wie können wir Menschen
00:49:32: inspirieren, mehr zu tun, sich einzusetzen und da geht es dann um ganz, ganz kleine Schritte
00:49:39: und da geht es vielleicht auch erstmal um dieses politische Bewusstsein, das uns so wichtig
00:49:42: ist, dass wir alle Teil dieser Demokratie sind und dass diese Demokratie, ja, dieses
00:49:51: falsche Versprechen davon, dass eine Demokratie nur dann gut ist, wenn wir alle in Wohlstand
00:49:56: leben und wenn es uns allen besser geht, das fällt glaube ich gerade einfach so ein bisschen
00:50:02: in sich zusammen, weil dieses Versprechen nicht mehr hält, weil es uns anfängt gerade
00:50:06: schlechter zu gehen, als es uns noch vor ein paar Jahren ging und dass aber trotzdem die
00:50:12: Demokratie des bestes System der Wahl sein kann und dass es so wichtig ist, das zu erhalten,
00:50:22: dafür muss auch viel Bildungsarbeit glaube ich weiterhin passieren.
00:50:27: Was ist ja die AfD gerade schon selbst angesprochen und es wird ja immer wieder auch jetzt auch
00:50:33: gerade in den letzten Wochen davon geredet, diese Partei inhaltlich stellen zu wollen
00:50:40: bzw. sie irgendwie als rassistisch, sexistisch und rechtsextrem zu enttarnen, wenn das überhaupt
00:50:46: noch möglich ist, weil es ist ja sogar offiziell gesichert rechtsextrem, es funktioniert also
00:50:51: offensichtlich nicht und wir haben viel über Emotionen gesprochen. Wie könnte denn ein
00:50:55: Umgang aussehen, der auf Emotionalisierung setzt?
00:50:58: Also ich fand ganz spannend den Wahlkampf der Linken zu beobachten, die es auf jeden Fall
00:51:08: geschafft haben, zum ersten Mal eine Partei, die nicht AfD ist, einen spektakulären Wahlkampf
00:51:16: in den sozialen Medien hinzulegen und darüber wirklich gerade bei den jungen Wähler*innen
00:51:22: sehr, sehr viele Wähler*innen wieder zurück zu gewinnen und wenn man sich jetzt Social
00:51:28: Media anguckt, dann ist es das Medium der Geschichten, Erzählen und der Emotionen.
00:51:33: Das heißt, meiner Meinung nach wird das auf jeden Fall ein sehr, sehr wichtiger Weg sein
00:51:40: in den nächsten Jahren, dass auch die anderen Altparteien lernen, dort noch viel mehr präsent
00:51:48: zu sein und dort auch ihre Geschichten zu erzählen und auch vor allem zu erzählen,
00:51:55: dass sie ihre Visionen oder ihre Ideen, ihre Wahlprogramme auch so greifbar machen können,
00:52:05: dass sie für Wähler*innen dann auch tatsächlich interessant sein werden und erzählbar sind.
00:52:11: Also das ist auf jeden Fall ein Weg, der wichtig sein wird in den nächsten Jahren, die AfD
00:52:17: stellen. Also meine Güte, wir wissen mittlerweile alle so viel über diese Partei. Also diese
00:52:23: Erzählung 1933, die funktioniert scheinbar einfach nicht, weil das scheint die Menschen
00:52:28: einfach nicht zu schockieren oder nicht genug zu schockieren. Und trotzdem bin ich immer
00:52:33: wieder darüber überrascht, dass ich glaube, wir schon in einer ziemlichen Bubble leben
00:52:40: und in dieser Blase sehr klar ist, was die AfD in ihren Wahlprogrammen vorhat. Aber wenn
00:52:47: wir dann mit anderen Menschen sprechen, da teilweise noch nicht so ganz klar ist, was
00:52:53: sie mit ihren Begriffen wie "Remigration" meinen, was sie vor allem für eine Steuerpolitik
00:52:59: vorhaben, was diese Politik eigentlich real für ganz normale Menschen bedeuten wird.
00:53:06: Also ich glaube, da kann doch noch sehr viel mehr Kommunikationsarbeit geleistet werden
00:53:12: von allen möglichen Richtungen. Ich fand es immer ganz interessant zu merken, auch gerade
00:53:17: in rund um das Klimathema dieses 1,5 Grad Ziel, was überall auf Bannern stand. Auch da fand
00:53:27: ich, war es für viele Menschen immer noch nicht ganz genau erklärt, was damit gemeint
00:53:33: ist. Also ich glaube, da kann noch viel mehr, ja, es ist Aufklärungsarbeit, aber vielleicht
00:53:42: eher so wirklich konkret darüber sprechen, was hat diese Partei 1 zu 1 vor und was wird
00:53:50: am Schluss in deinem oder in deinem Geldbeutel dabei rauskommen. Wie wird es Menschen wirklich
00:53:55: konkret geben, wenn diese Partei es an die Macht schafft? Da muss noch viel mehr darüber
00:54:02: gesprochen werden und Geschichten darüber erzählt werden.
00:54:05: Du hattest mal in dem Interview gefragt, warum du weiter kämmst und hast dann mit einem
00:54:09: Zitat von Karl Valentin geantwortet. Das lautet "Ich freue mich, wenn es regnet, denn wenn
00:54:14: ich mich nicht freue, regnet es auch." Das finde ich so einen ganz schönen Grundsatz.
00:54:19: Trotzdem hast du ja gesagt, es ist auch total okay, mal irgendwie negative Gefühle zu
00:54:23: haben und frustriert zu sein und ein bisschen zu resignieren. Was hilft dir, wenn du mal selbst
00:54:29: nicht optimistisch in die Zukunft blicken kannst?
00:54:31: Mir hilft das eine, was du gerade gesagt hast, mir zu sagen, es ist okay, mal nicht optimistisch
00:54:41: in die Zukunft zu blicken und dann hilft mir meine Bande. Also meine radikalen Töchter
00:54:49: um mich herum, mit denen ich sehr, sehr, sehr viel lache. Mir hilft wirklich die Arbeit
00:54:55: mit anderen Menschen daran zu arbeiten und dafür zu kämpfen und uns gegenseitig aufzuzeigen,
00:55:06: dass es möglich ist. Ich fand es interessant, Jan Bömermann hat letztens was sehr Interessantes
00:55:15: gepostet, was so in die Richtung geht von Karl Valentin und auch absolut mich abholt.
00:55:21: Er meinte, in vier Jahren wird die AfD unter 9% sein und danach unter 5%.
00:55:30: Ja, das war toll.
00:55:31: Und warum ich das jetzt sage, ja, es war super, oder? Und warum ich das jetzt sage ist, weil
00:55:35: es genauso wahrscheinlich ist, weil wir es einfach nicht wissen, wie uns jetzt immer
00:55:40: wieder diese Horrorgeschichte zu erzählen, dass sie die stärkste Kraft wird. Und ich
00:55:45: glaube, es ist beides eben wichtig, wie ich es gesagt habe. Es ist einerseits wichtig,
00:55:50: dass wir nicht naiv in der Zukunft laufen und sagen, ach, das wird sich eh schon alles
00:55:54: regeln, sondern dass wir im Hinterkopf behalten, dass das eine reale, unfassbare Gefahr für
00:56:03: unsere Demokratie und für unser Leben ist, so wie wir es jetzt kennen. Und da können
00:56:07: wir nur noch in die USA schauen und gucken, wie es Trump macht. Und gleichzeitig haben
00:56:14: wir noch alles in der Hand. Wir können es einfach auch umdrehen. Wir sind noch nicht
00:56:18: im Widerstand. Ich glaube, das ist auch so wichtig uns zu sagen. Wir sind einfach noch
00:56:23: in der Demokratie und Bürger*innen einer Demokratie haben so viel mehr Möglichkeiten
00:56:29: und Instrumentarien in der Hand, um uns zu wehren, sei es ein AfD-Verbot oder sei es
00:56:37: auch ganz andere Möglichkeiten als beispielsweise in einer Diktatur, wo wir schon im Widerstand
00:56:43: sind. Also AfD sehe ich genauso, die wird in vier Jahren auf unter 9 Prozent sein.
00:56:49: Es gab einen schönen Kommentar unter dem Post von Jan Böhmermann. Da hat dann jemand
00:56:54: kommentiert, ich komme aus der Zukunft und ich kann sagen, das stimmt.
00:56:57: Love it!
00:56:58: Die fand ich auch richtig toll.
00:57:02: Schön.
00:57:03: Was steht denn in den kommenden Jahren in deinem Leben an? Also gibt es irgendwas, was
00:57:08: du uns verraten kannst, an dem du und ihr als radikale Töchter aktuell arbeiten?
00:57:13: Ich habe ein Buch geschrieben oder bin noch in den letzten Zügen. Das heißt "Machen,
00:57:20: Macht, Mut". Es geht ums Handeln, es geht um eine Frage der Macht. Also das feministische
00:57:27: kommt darin vor und warum feministische, politische Bildung so wichtig ist. Und es geht natürlich
00:57:34: um den Mut und warum wir alle diesen Mut brauchen. Und das Buch kommt am 13. Oktober
00:57:39: Ramos. Und zum anderen werden radikale Töchter auch selber noch mehr aktionskünstlerisch
00:57:47: unterwegs sein in den nächsten Jahren. Und da werden euch im besten Fall einige Aktionen
00:57:55: erwarten. Und wir werden weiterhin dafür sorgen, dass wir unsere Skills einem möglichst
00:58:04: breiten, breiten Publikum zur Verfügung stellen, damit wir euch alle inspirieren ins politische
00:58:11: kreative Handeln zu kommen.
00:58:13: Sehr gut. Wir machen zum Ende der Folge immer die Werbeanzeige. Das heißt, du darfst jetzt
00:58:22: auch wieder, nachdem ich den Dschingel abgespielt habe, eine Plattform geben für initiativen
00:58:28: Projekte, Menschen, Künstler*innen, was dir in den Kopf kommt, darfst du vorstellen
00:58:33: und quasi um Unterstützung werben, um Follows, um Spenden, was auch immer. Das ist der Raum
00:58:41: für deine Werbeanzeige.
00:58:43: Oh, ganz schön wichtig. Platz für deine Werbeanzeige.
00:58:52: Schön, es fangen immer alle an zu tanzen, wenn wir diese Töchter*innen, da kann ja keiner
00:59:00: sehen, wenn wir die abschreien.
00:59:02: So, jetzt aber.
00:59:03: Das stimmt. Ich möchte heute Werbung machen, auf unseren Instagram-Kanal zu gucken und
00:59:08: dort sich unsere Reihe ostwärts anzuschauen. Und zwar stellen wir da nämlich ganz, ganz
00:59:15: viele unterschiedliche Initiativen vor, die so großartige und wichtige Arbeit machen. Mir
00:59:22: war es nämlich wichtig, nicht eine Initiative hier heute zu nennen, sondern Teil unserer
00:59:27: feministisch-politischen Arbeit bei radikale Töchter ist es nämlich, Menschen bühnen
00:59:32: zu geben für ihre Arbeit. Also schaut da unbedingt vorbei, checkt diese Initiativen
00:59:38: aus, liket sie, folgt ihnen und spendet ihnen ein bisschen Geld.
00:59:44: Das machen wir alle und wir freuen uns auf dein Buch, das am 13. Oktober erscheint. Da
00:59:50: bin ich schon sehr gespannt drauf.
00:59:51: Vielen Dank, dass du heute bei uns warst hierbei ganz schön laut. Vielen Dank, Sessi.
00:59:56: Vielen Dank für das Interview. Bis bald.
00:59:59: Ihr könnt in 14 Tagen die nächste Folge von ganz schön laut hören und in der Zwischenzeit
01:00:05: könnt ihr auch mal auf www.vetominusmech.de schauen und die Beiträge lesen oder ihr schaut
01:00:09: auf unserer Instagram-Seite vorbei und dann hören wir uns bald wieder. Bis dann, tschüssi.
01:00:14: Hey, bist du noch da? Dann bis bald. Du hörst ganz schön laut. Den Veto Podcast. Alle
01:00:37: zwei Wochen. Überall, wo es Podcast gibt. Und bis dahin folgt uns auf Instagram und
01:00:45: TikTok.
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