Baro Vicenta Ra Gabbert und Klima-Klagen

Shownotes

Die Zukunft einklagen. Genau das hat Baro Vicenta Ra Gabbert zusammen mit Tausenden anderen getan: „Recht ist veränderbar und immer ein Zwischenstand eines gesellschaftlichen Aushandlungsprozesses.“ Die Aktivistin und Juristin arbeitet vor allem an der Schnittstelle von Recht und Klima.

Mit Greenpeace steht sie für eine sozial gerechte Klimapolitik, in der alle Menschen mitgedacht werden. Baro Vicenta Ra Gabbert ist überzeugt, dass Klimaschutz nur unter Berücksichtigung sozialer und ausgleichender Aspekte funktioniert: „Wir können uns in der Gesellschaft nicht leisten, Klimaschutz zur Klassenfrage zu machen.“

Besonders die Interessen jüngerer Generationen kämen oft zu kurz. Diese vertritt sie als Beraterin der Bundesregierung. Und sie beobachtet mit Sorge, wie die Lebensrealitäten von Kindern und Jugendlichen in einer alternden Gesellschaft viel zu oft zur Nebensache werden. Statt über positive Zukunftsperspektiven zu sprechen, kämen aus der Politik häufig unbegründete Vorwürfe, junge Menschen würden nur auf der faulen Haut liegen.

Im Gespräch mit Host Ninia LaGrande spricht Baro Vicenta Ra Gabbert über die Ungerechtigkeitskrise des Klimas. Die beiden debattieren außerdem über die Rolle von Menschen mit Milliardenvermögen und Lösungen wie das Klimageld.

Und Baro Vicenta Ra Gabberts zeichnet ihre Zukunftsvision: eine sozialere Vorstellung von Wohlstand und Gemeinschaft, die Natur als juristische Person und Verteilungsgerechtigkeit. Außerdem verrät sie, warum sie ihre Oma nach Klima-Maßnahmen fragt und über welchen Jugendtrend sie heute lacht.

TRANSPARENZ

Zu Beginn der Folge sprechen Ninia LaGrande und Baro Vicenta Ra Gabbert über die Zukunftsklage von Greenpeace und Germanwatch.

Informationen zu Kipppunkten im Klimasystem gibt es auf der Seite der Helmholtz-Klima-Initiative.

Am Ende der Folge ruft Baro Vicenta Ra Gabbert alle Zuhörenden dazu auf, sich am offenen Brief mit Klimaforderungen an Bald-Kanzler Friedrich Merz (CDU) zu beteiligen.

Die Folge mit Baro Vicenta Ra Gabbert wurde am 27.02.2025 aufgezeichnet.

URHEBERRECHT

Im Intro des Podcasts zitieren wir:

Enissa Amani, aus: „Rebels. Ich rebelliere also bin ich“; Folge 2: „Die Macht der Comedy“ vom 13. Dezember 2022, ARD Kultur, Timecode: 00:11:26

Anja Reschke, aus: „Panorama“, Beitrag „Mein Nachbar ist Nazi“ vom 1. Juli 2022, NDR, Timecode: 00:00:05

Disarstar, aus: „Rebels. Ich rebelliere also bin ich“; Folge 1: „Die Macht der Musik“ vom 13. Dezember 2022, ARD Kultur, Timecode: 00:01:45

DANKSAGUNG

Redaktion: Ruth Klages und Jasper von Römer; Hosts: Ninia LaGrande und Stephan Anpalagan; Produktion: Benjamin Jenak; Artwork: Karla Schröder; Sprecherin: Leni Leßmann

FINANZIERUNG

Veto wird anteilig gefördert vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung.

Transkript anzeigen

00:00:00: Es hätte keine Veränderung dieser Welt gegeben, wenn nicht irgendjemand gesagt hätte,

00:00:07: "Achtung, das müssen wir ändern."

00:00:08: Aber manchmal muss man klare Kante zeigen.

00:00:10: Das fordert die Gesellschaft ja auch.

00:00:12: Klare Kante gegen Rechts heißt es auch zum Beispiel immer.

00:00:15: Die Welt brennt an allen Ecken und Enden, haben wir extreme massive Probleme, vor denen

00:00:20: sich auch keiner verschließen kann.

00:00:21: Die Welt ist in Aufruhr.

00:00:23: Doch Aktivistinnen geben Hoffnung.

00:00:26: Du hörst ganz schön laut.

00:00:28: Den Veto-Podcast mit Ninia Lagrande und Steven Anpalaghan.

00:00:32: Wir stellen Menschen vor, die für Veränderung etwas riskieren.

00:00:34: Und damit herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Ganz Schön Laut, dem Interview-Podcast

00:00:44: des Veto-Magazins.

00:00:45: Alle zwei Wochen sprechen wir hier mit Menschen, die sich aktivistisch engagieren.

00:00:50: Mit Menschen, die ihre Stimme erheben, um in dieser Gesellschaft etwas zum Besseren zu

00:00:54: wenden.

00:00:55: Heute habe ich eine Gästin, die nicht nur ihre Stimme dazu nutzt, sondern vor allem

00:00:59: die des Gesetzes.

00:01:00: Sie setzt sich für eine juristische Unterstützung der Klimaforderungen ein.

00:01:05: Gleichzeitig kämpft sie dafür, dass besonders junge und benachteiligte Menschen mehr Teilhabe

00:01:09: erfahren.

00:01:10: Bei Greenpeace arbeitet sie an Sozialökologischer Gerechtigkeit.

00:01:13: Hier ist Barovicenta Raghabad.

00:01:16: Herzlich willkommen schön, dass du da bist.

00:01:18: Hallo, danke, dass ich hier sein darf.

00:01:20: Ja, ich freue mich sehr.

00:01:21: Wir haben gerade superunangenehm, aber du kennst das auch.

00:01:25: Du hast gesagt, wir kennen uns schon.

00:01:27: Ich war so, ich bin alle Veranstaltungen im Kopf durchgegangen und wusste auf Anhieb

00:01:31: nicht ganz genau, wo wir uns getroffen haben.

00:01:34: Aber jetzt kann ich mich wieder erinnern.

00:01:36: Aber du kennst das auch, oder?

00:01:37: Du bist ja wahrscheinlich auch viel unterwegs.

00:01:39: Ich kenne das auch und genau überhaupt keine Hart-Feelings.

00:01:44: Also du hast die Veranstaltung damals moderiert, auf der wir uns kennengelernt haben und ich

00:01:47: kenne selber, wenn man moderiert, dann hat man so hunderte Leute, die auf einen zukommen

00:01:52: und es ist ja auch ein bisschen Paradox, weil die Leute hören die ganze Zeit dich und

00:01:57: du hörst alle Leute vielleicht so fünf Sekunden für ein Hallo oder mal drei Minuten für

00:02:01: ein Gespräch und dass man sich da nicht an alles erinnern kann.

00:02:04: Das kenne ich sehr gut und manchmal ist mir das sehr unangenehm.

00:02:07: Aber wenn andere sich nicht erinnern, habe ich das größte Verständnis.

00:02:11: Aber jetzt, dafür nehmen wir uns jetzt viel mehr Zeit für unser Gespräch.

00:02:17: Die Bundestagswahl liegt ja jetzt ein paar Tage zurück und in Talkshows haben die Kanzler,

00:02:22: Kandidatinnen ein Thema nach dem anderen debattiert.

00:02:24: Wie zufrieden bist du denn mit der Auseinandersetzung mit Klimafragen?

00:02:28: Ich finde, dass Klimaschutz und die Klimakrise und alle Herausforderungen, die uns bevorstehen

00:02:35: beim Umbau Richtung einer klimaneutralen Gesellschaft, viel zu kurz gekommen sind in

00:02:40: dem Wahlkampf und jetzt auch hinterher.

00:02:42: Also wir sehen wirklich, dass das Thema nicht so besprochen wurde, wie es notwendig wäre

00:02:51: und wie die Menschen es auch erwarten in diesem Land, glaube ich.

00:02:55: Und da arbeiten wir daran, dass das jetzt besser wird.

00:03:00: Ganz genau.

00:03:01: Ich sage mal noch ein paar Worte mehr zu dir.

00:03:04: Im letzten Sommer warst du viel in den Medien zu sehen, weil du am Bundesverfassungsgericht

00:03:08: eine Zukunftsklage eingelegt hast.

00:03:10: Gemeinsam mit mehreren Tausend Beschwerdeführer*innen habt ihr die Bundesregierung zu mehr Klimaschutz

00:03:15: verpflichtet und politisches Engagement begleitet dich schon lange.

00:03:18: Du bist 1997 geboren, in Berlin aufgewachsen und nach dem Abitur hast du in Hamburg Rechtswissenschaften

00:03:24: mit Schwerpunkt auf internationales und völkerrecht studiert.

00:03:27: Mit der Fridays for Future Bewegung kamst du zu klimapolitischem Aktivismus und in

00:03:32: dem Zuge hast du auch die Climate Clinic gegründet, eine Rechtsberatung zu Klimafragen, die von

00:03:37: Studierenden getragen wird.

00:03:39: Du bist seit deinem Staatsexamen bei Greenpeace, Vorstandssprecherin für Sozial-Ökologische

00:03:43: Gerechtigkeit und nebenbei bist du auch noch Sachverständige für die Bundesregierung,

00:03:48: zur Kinder- und Jugendpolitik oder hast du die Bundesregierung beraten zu diesen Themen?

00:03:53: Ja.

00:03:54: Und diesen Januar hat dich und mich übrigens auch der Spiegel zu einer der 100 Hoffnungsträger*innen

00:04:00: Deutschlands gekürt.

00:04:01: Wie fühlt sich das für dich an?

00:04:03: Erst mal wusste ich nicht, dass du auch gekürt wurdest.

00:04:07: Ja, lerne ich jetzt direkt auch was Neues.

00:04:09: Ja, meinst du jetzt wie sich diese Auszeichnung anfühlt?

00:04:14: Ja, insgesamt wenn ich das hier so runter ratte, was du schon alles Krasses gemacht hast.

00:04:19: Naja, ich finde das fühlt sich an wie bewegte Zeiten.

00:04:23: Also, ich finde, wir erleben ja eine Zeitjahre jetzt auch, in denen so eine Krise nach der

00:04:34: anderen sichtbar wird und auch deutlich wird.

00:04:40: Und bei mir ist früh schon dieses Bedürfnis entstanden, irgendetwas zu tun und das irgendetwas

00:04:48: hat sich dann immer mehr konkretisiert.

00:04:51: Und über das Jura-Studium bin ich dann ja mit der Klimawägung zusammen in diesen

00:04:59: Schnittstellenbereich Klima und Recht immer stärker reingegangen und darf das jetzt auch

00:05:03: seit vergangenem Sommer als meine Haupttätigkeit machen als Vorstandsbrecherin für soziale

00:05:09: kommunikliche Gerechtigkeit bei Greenpeace.

00:05:11: Und gleichzeitig, wenn du das jetzt ansprichst mit der Hoffnungsträgerin, auch das, ja,

00:05:17: das fühlt sich, finde ich, ein bisschen absurd an für einen kurzen Moment in der Zeit, die

00:05:24: glaube ich für viele sehr hoffnungsarmes und gleichzeitig wir Hoffnung immer wieder dringend

00:05:29: brauchen bzw. uns immer wieder basteln müssen.

00:05:32: Ja.

00:05:33: Ich habe auch gedacht, als ich den Anruf gekriegt habe für die Anfrage für dieses Interview,

00:05:38: dachte ich, okay, no pressure.

00:05:40: Also in diesen Zeiten dann eine von denen zu sein, die die Hoffnung hochhält, habe ich

00:05:45: schon gleich gedacht, oh okay, große Aufgabe, aber trotzdem ist es natürlich eine schöne

00:05:51: Auszeichnung.

00:05:52: Wir gehen mal zurück zum Anfang deiner Politisierung.

00:05:54: Du hast es nämlich schon gesagt, es hat sich immer mehr konkretisiert, dieses etwas muss

00:05:58: man tun.

00:05:59: Und du hast auch in dem Interview erzählt, dass du dein Jurastudium begonnen hast, weil

00:06:03: dich das Ecuadorianische Klima-Richt fasziniert hat.

00:06:06: Was können wir von Ecuador lernen?

00:06:08: Ja, das Ecuador war das erste Land auf der Welt, das in seiner Verfassung die Rechte

00:06:15: der Natur reingeschrieben hat.

00:06:18: Also in der Ecuadorianischen Verfassung haben seit 2008 Bäume oder Flüsse ein eigenes

00:06:25: Recht darauf geschützt zu werden.

00:06:27: In Deutschland haben wir das bis heute nicht, kennen wir das auch so nicht.

00:06:31: In Deutschland haben Menschenrechte und auch juristische Personen wie zum Beispiel Unternehmen

00:06:36: haben Rechte, aber keine Natur.

00:06:39: Und das ist natürlich eine andere Art, auf Recht zu blicken.

00:06:44: Und ich fand es super interessant damals und dachte mir, wow okay, man kann Recht ja auch

00:06:50: ganz anders denken als bei uns und wollte einfach lernen, wieso wir Recht so haben, wie

00:06:56: wir es haben und wie man es vielleicht ändern kann oder auch muss angesichts der Probleme

00:07:00: der Welt.

00:07:01: Du hast dann 2020 die Climate-Klinik mit anderen Studierenden gegründet.

00:07:05: Das war ein absolutes Novum.

00:07:08: Es gab kaum juristische Beratung für Klima-Rechte, besonders wenn es sich an die Zivilbevölkerung

00:07:14: richtet.

00:07:15: Wie entstand die Idee, die Climate-Klinik zu gründen und was ist das Ziel?

00:07:19: Die Idee, die Climate-Klinik zu gründen entstand aus zwei Impulsen, die relativ gleichzeitig

00:07:26: kamen.

00:07:27: Also einerseits hatte ich schon im Jahr zuvor eine Hochschulgruppe für Klima und Recht

00:07:31: an meiner Universität gegründet, indem wir uns so akademisch mit Klima auseinandergesetzt

00:07:38: haben und zum Beispiel Naturwissenschaftler*innen an unsere Jurafakultät eingeladen haben

00:07:43: und erst mal über die Klimakrise gelernt haben.

00:07:45: Dann kam aber Studierende auf mich zu und haben gesagt, ich finde das irgendwie alles

00:07:49: interessant, aber ich würde so gern was machen mit meinen juristischen Fähigkeiten, was wirklich

00:07:54: der Welt, was bringt und nicht nur mir Neues wissen.

00:07:58: Und zur ungefähr gleichen Zeit war "Friends for Future" ja sehr präsent, erstmalig auch

00:08:05: in den politischen Debatten in diesem Jahr.

00:08:08: Und da gab es dann immer mehr Impulse, die gesagt haben, wir stoßen da an unsere Grenzen,

00:08:17: wo Menschen, vor allem Politiker*innen, uns sagen, hm, schöne Idee oder auch total wichtiges

00:08:23: Thema, aber das ist rechtlich gar nicht möglich.

00:08:26: Und immer mehr solcher Frustmomente oder Fragen sind bei mir gelandet und ein paar anderen

00:08:32: Kommiliton*innen, weil die wussten, okay, da gibt es irgendwelche Leute, die sie mit

00:08:35: Klima und Recht beschäftigen.

00:08:36: Und da haben wir gedacht, ja, da braucht es doch eigentlich eine Supportstruktur.

00:08:41: Da haben wir die Kleimeklinik gemeinsam gegründet, das ist die erste studentische Rechtsberatung

00:08:46: in Deutschland für Klima und Recht.

00:08:48: An die Kleimeklinik können sich Aktivist*innen, NGOs oder Vereine wenden, die eine Frage haben,

00:08:55: die sich um Klima und Recht trät.

00:08:57: Und dann bekommen sie von der Kleimeklinik kostenlos Antworten und Unterstützung zu

00:09:02: verstehen, worum es eigentlich geht, damit so ein Wissensgefälle und auch so ein Machtgefälle

00:09:07: zwischen Entscheidungsträger*innen und Leuten, die Welt verbessern wollen, abgebaut wird

00:09:14: und wir einfach zu konstruktiveren Debatten und Lösungen kommen.

00:09:18: In dem Selbstverständnis der Kleimeklinik steht auch drin, dass Jurist*innen eine besondere

00:09:23: Verantwortung zukommt, wenn es darum geht, gesellschaftliche Antworten auf den Klimawandel

00:09:26: zu finden.

00:09:27: Da kann ich mir vorstellen, dass sich das auch so ein bisschen aus diesem Mensch, wir

00:09:30: wollen jetzt auch mal ins Tunen kommen, entwickelt hat.

00:09:33: Wie ist das genau gemeint?

00:09:34: Also ein Grund ist auf jeden Fall, dass die Klimakrise eine riesige Ungerechtigkeitskrise

00:09:43: im Kern ist und ganz viele Ungerechtigkeiten verstärkt.

00:09:47: Und zum Beispiel sehen wir global, dass die Klimakrise mehrheitlich von Industrienationen

00:09:55: verursacht wurde.

00:09:56: Aber die Folgen der Klimakrise sich viel stärker niederschlagen in Ländern des globalen Südens,

00:10:03: die super wenig zur Klimakrise beigetragen haben, jetzt aber schon viel, viel mehr von

00:10:08: Extremwetter-Eignissen betroffen sind und auch teilweise nicht die Mittel- oder Infrastruktur

00:10:14: haben, um sich schnell genug oder ja ausreichend vor den Folgen zu schützen.

00:10:20: Und wenn wir dann überschwemmte Felder haben oder verseizte Böden dann bedroht ist potenziell

00:10:26: die Ernährungsgrundlage von Menschen, die Existenzgrundlage.

00:10:29: Und ich finde immer dann, wenn Ungerechtigkeitsfragen im Raum stehen, dann stehen da auch rechte

00:10:38: hinter oder rechtliche Fragen.

00:10:40: Jedenfalls muss man darüber nachdenken, ob sie auch dahinter stehen.

00:10:44: Und Juristinnen haben, finde ich, auch die Verantwortung immer dann, wenn ja Rechte und

00:10:51: Ungerechtigkeiten bedroht sind, ihre Fähigkeiten, nämlich genau das zu verstehen, darauf aufmerksam

00:10:59: zu machen und zu schützen, einzusetzen für eine gerechtere Gesellschaft, für einen gerechteren

00:11:06: Rahmen, in dem wir uns so politisch und gesellschaftlich bewegen.

00:11:09: Gibt es so häufige Themen oder Auseinandersetzungen, wo du sagen kannst, ja das begegnet uns

00:11:17: oft in der Klinik?

00:11:19: Das ist ganz fasenabhängig.

00:11:24: Es gab eine Zeit, in der wir ganz, ganz, ganz viele Fragen zum Klimaschutzgesetz hatten,

00:11:31: das wurde 2019 am Ende verabschiedet.

00:11:35: Wir haben 2020 angefangen zu arbeiten und da haben sich alle gefragt, was ist denn

00:11:39: jetzt um überhaupt dieses Klimaschutzgesetz?

00:11:41: Wie kann man damit arbeiten?

00:11:42: Wie muss man das verstehen?

00:11:43: Wer muss sich eigentlich daran halten?

00:11:46: Dann gab es 2021 eine ganz, ganz wichtige Entscheidung vor dem Bundesverfassungsgericht,

00:11:53: also unserem obersten Gericht, in dem das Gericht das erste Mal festgestellt hat, dass Klimaschutz

00:12:01: Teil unserer Verfassung ist und dass Politiker*innen verfassungsrechtlich daran gebunden sind,

00:12:08: das Pariser Klimaschutzabkommen umzusetzen.

00:12:11: Und auch danach gab es natürlich ganz, ganz viele Fragen.

00:12:14: Was bedeutet das jetzt für meine klimapolitischen Forderungen?

00:12:19: Was bedeutet das vielleicht für uns in unserem Bundesland?

00:12:24: Bedeutet das für eine Klage, die ich mir überlege?

00:12:27: Also auch da gab es dann eine Zeit, wo das ganz oft gefragt wurde.

00:12:33: Und ja, jetzt zum Beispiel erlebe ich oder beobachte ich, dass es einerseits immer wieder

00:12:42: Bürger*innen entscheidet gibt, die eine Idee haben, wie können sie z.B. durch ein Volksentscheid

00:12:49: oder durch Bürgerbegehren vor Ort Klimaschutz vorantreiben und andererseits eine ganz,

00:12:56: ganz große Nachfrage ist in Schulen oder Bildungseinrichtungen, um dieses Thema so verständlich

00:13:03: zu machen.

00:13:04: Also ganz bunter Blumenstrauß an Fragen, die da kommen.

00:13:07: Hat sich deine Beziehung zum Rechtssystem durch deinen Aktivismus verändert?

00:13:12: Vor allem mein Verständnis von Recht hat sich verändert.

00:13:20: Ich glaube, dass bei mir, als ich jung war, ich habe jetzt keine Juristik,

00:13:25: keine Juristin in meiner unmittelbaren Familie oder Verwandtschaft oder so, hatte ich schon

00:13:31: das Gefühl, recht, das ist so etwas, das ist einfach wie es ist.

00:13:35: Wenn irgendetwas in einem Gesetz steht, dann kann ja auch niemand was trennend ändern,

00:13:38: da muss man sich daran halten, das ist eine Regel und das ist irgendwie wichtig und vielleicht

00:13:42: auch so, wenn man es nicht macht, dann kommt man ins Gefängnis.

00:13:44: Und irgendwann, ja ich weiß gar nicht wann das angefangen hat, aber irgendwann habe ich

00:13:50: dann begriffen in dem Moment.

00:13:52: Also Recht, das ist was superveränderbares.

00:13:57: Also es gibt ja nicht umsonst Parlamente oder Politik die Gesetze verabschieden.

00:14:03: Recht, dass es eigentlich immer ein Zwischenstand eines gesellschaftlichen Aushandelungsprozesses

00:14:10: ist.

00:14:11: Und wenn Gesetze nicht mehr passen zu den Problemen, die einer Welt oder einer Gesellschaft

00:14:16: gerade bevorstehen, dann ist es die Aufgabe von Politiker*innen darüber nachzudenken,

00:14:21: ob sie dieses Recht ändern müssen.

00:14:23: Und diese Perspektive, dass es veränderbar ist und manchmal auch Veränderungsbedürftig,

00:14:29: weil es einfach nicht mehr zu unseren Herausforderungen passt, das ist eine, die ich auf jeden Fall nicht

00:14:33: hatte bevor ich angefangen habe Jura zu studieren, die aber natürlich auch einen ganz anderen

00:14:39: Möglichkeitenrahmen aufzeigt und Dinge zu verändern, auch mit dem Recht.

00:14:44: Ich will nochmal auf die Zukunftsklage, die ich in einer Anmoderation erwähnt habe,

00:14:49: zu sprechen kommen.

00:14:50: Im März 2021 hat das Bundesverfassungsgericht ein historisches Urteil gefällt, also Klimaschutz

00:14:57: erhielt eben offiziell Verfassungsrang, du hast es gesagt, und die Kläger*innen wurden

00:15:01: darin bestärkt, dass Klimaschutz ein Grundrecht ist.

00:15:04: Die Bundesregierung erhielt eine Mahnung und musste das Klimaschutzgesetz ausbauen, doch

00:15:08: seitdem wurden Klimagesetze weiter abgeschwächt und Emissionsvorgaben verworfen, weswegen

00:15:13: du und Zehntausende Menschen letztes Jahr die Umsetzung des ersten Urteils eingeklagt haben.

00:15:18: Was erhofft ihr euch von der Verhandlung der Zukunftsklage?

00:15:20: Wir erhoffen uns, dass Deutschland klimapolitisch wieder auf einen sinnvollen Kurs kommt und

00:15:29: das beinhaltet bei der Zukunftsklage ganz konkret drei Aspekte.

00:15:34: Das erste, was wir einklagen, ist, dass Deutschland seinen Ambitionsniveau bei Klimaschutz anhäbt.

00:15:43: Also, dass wir sagen, die Ziele von Deutschland im Klimaschutzbereich, die müssen zu den

00:15:47: Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens passen, damit wir einfach unseren Teil dieses völkerrichtigen

00:15:53: Vertrags dieser Verpflichtung erfüllen.

00:15:55: Zweitens haben wir festgestellt, dass – du hast es gerade schon erwähnt – die Änderungen

00:16:02: des Klimaschutzgesetzes, das total verwässert haben und jetzt wirklich die gesamte Architektur

00:16:08: dieses Gesetzes überhaupt nicht mehr ausreicht, um unsere Klimaschutzziele zu erhalten.

00:16:14: Und auch dagegen gehen wir vor und sagen, wir brauchen ein starkes Klimaschutzgesetz,

00:16:18: was uns wirklich hilft und ermöglicht, die Klimaschutzziele einzuhalten.

00:16:23: Und drittens gehen wir in der Zukunftsklage – und das ist was sich super spannend finde

00:16:28: selber auch juristisch – erstmalig auf sozialgerechte Klimaschutzmaßnahmen ein und argumentieren,

00:16:38: dass es ohne soziale und ausgleichsaspekte mitzudenken nicht gibt, Klimaschutz zu betreiben.

00:16:45: Super spannend.

00:16:46: Ich finde, du erklärst es auch total gut für mich als Nicht-Juristin, weil ich mir natürlich

00:16:52: dann denke, Gerät das Rechtssystem nicht irgendwie auch an seine Grenzen, dann Politikerinnen

00:16:58: und Politiker an verfassungsrechtlichen Urteilen vorbeirigieren.

00:17:02: Also, wie würdest du das einschätzen?

00:17:05: Ich würde nicht sagen, dass das Rechtssystem an seine Grenzen gerät.

00:17:09: Wir sehen ja jetzt, dass wir genau das machen können, was wir machen und zwar das wiederum

00:17:15: einklagen oder vor Gericht gehen, um das einzufordern von unseren Politikerinnen.

00:17:21: Also, da würde ich sagen, da funktioniert unser Rechtssystem total gut.

00:17:24: Was ich aber auch sagen muss, ist, dass ich das wirklich dramatisch finde, wenn Politikerinnen

00:17:33: und Gerichtsentscheidungen uns verfassungsgericht nicht ernst nehmen und mal so überlegen,

00:17:41: wie sie gerne Klimapolitik hätten und mal gucken, ob es passt.

00:17:44: So vielleicht geht es ja gerade noch so durch.

00:17:46: Da würde ich mir eigentlich eine Politik wünschen, die sich nicht von Urteil zu Urteil zur Entscheidung

00:17:53: zu Entscheidung handelt und immer wieder verklagt wird, sondern mit einem guten Gesamtkonzept,

00:17:58: mit einem Problembewusstsein dieser riesigen Krise, ein schlüssiges Konzept entwickelt,

00:18:06: wie man Klimapolitik betreiben kann und dann auch nicht immer wieder verklagt werden muss.

00:18:10: Also, das wäre mir deutlich lieber und ich fände das auch deutlich souveräner für eine Politik.

00:18:15: Solange das aber nicht passiert, haben wir unsere Gerichte und haben wir die Möglichkeit,

00:18:19: Klagen und Beschwerden einzureichen und genau das machen wir an den Punkten, wo wir sagen,

00:18:23: jetzt reicht es, hier haben wir eine Grenze erreicht, wo Rechte wirklich massiv gefährdet sind

00:18:29: und dann sind wir uns eben wieder vorgerecht.

00:18:32: Ja, jetzt haben wir ganz viel über das Rechtssystem und Rechte gesprochen.

00:18:36: Jetzt wollen wir ein bisschen spielen.

00:18:37: Wir spielen in diesem Podcast immer ein paar kleine Spielchen.

00:18:40: Und das erste Spiel ist alles auf Zeit.

00:18:45: Das heißt, ich werde jetzt gleich unseren Jingle abspielen und meine Stoppuhr hier stellen

00:18:49: und dann habe ich 90 Sekunden, um dir so viele Fragen wie möglich zu stellen und du beantwortest sie so kurz wie möglich.

00:18:59: Okay, also los geht's.

00:19:02: Ganz schön knapp, alles auf Zeit.

00:19:10: Dein persönliches Unwort des Jahres.

00:19:13: Das ist ja ganz schwer.

00:19:20: Zustrombegrenzungsgesetz.

00:19:26: Was hast du kürzlich zum ersten Mal gemacht?

00:19:29: Ich bin nicht gut, sondern mit diesen schnellen Antworten.

00:19:36: Ich habe Popcorn als Frühstück entdeckt.

00:19:44: Okay, das probiere ich auch aus.

00:19:46: Wenn du eine berühmte Person tut oder lebendig zum Essen einladen könntest, wehen.

00:19:51: Ruth Bader Ginsburg, die US-amerikanische Verfassungsrichterin.

00:19:57: Teile 1 deiner Rituale mit uns.

00:20:00: Rituale wenn.

00:20:13: Ich mag gute Düfte.

00:20:17: Also wenn ich irgendwas vor habe, dann überlege ich mir, so welche Creme passt zu diesem Tag oder welche

00:20:24: Gesichtskreme habe ich heute Lust drauf.

00:20:27: Was hast du immer im Kühlschrank?

00:20:29: Erbsenmilch.

00:20:31: Was war der absurdeste Trend, den du mitgemacht hast?

00:20:35: Ich weiß nicht, ob ich absurd war, aber mir kam es vor, als ich darüber nachgedacht habe,

00:20:43: es gab ja mal eine Zeit lang diese Stoffblumen als Mode-Trend.

00:20:46: Und ich hatte wirklich jahrelang so viele Stoffblumen in allen Farben zu meinen Outfits passen.

00:20:53: Ich hatte immer so eine Blume in dem Haar, zwischen, weiß ich nicht, 13 und 17 oder so.

00:20:59: Und ich weiß, Rückblick nicht warum, aber es war so.

00:21:02: Das war es schon.

00:21:06: Ich bin ja ein Stückchen älter, aber es gab natürlich dann auch in meiner Zeit so bestimmte Sachen,

00:21:13: wo ich im Nachhinein zurückgucke, da auch Fotos angucke.

00:21:16: Wir hatten zum Beispiel diese gezackten Bänder, wie Haareifen, aber als Band so gezackt.

00:21:24: Und die hat man sich dann so reingeschoben, völlig bescheuert aus, weil man hier vorne dann so ganz glatt diese Strehen

00:21:29: und dann hinten explodierte dann irgendwie alles.

00:21:31: Also, das ging natürlich auch nur mit langen Haaren.

00:21:34: Manche Sachen, aber es kommt ja auch einiges wieder, Tattoo-Ketten und so.

00:21:38: Ja, war diese Bänderzeit, war das auch die Dauerwellen-Kreptzeit so?

00:21:43: Ja, ja, na klar. Am besten war das kombiniert.

00:21:45: Genau, daran erinnere ich mich, nämlich auch noch da, also da war ich wahrscheinlich ein bisschen jünger als du,

00:21:50: aber das waren so die ersten Trends, die ich mitbekommen habe.

00:21:52: Na klar.

00:21:53: Die ganz coolen Girls aus unserer Schule hatten auf jeden Fall die Fähigkeiten.

00:21:57: Schön übernacht flechten und dann...

00:21:58: Genau, Krepeisen hatte ich auch nicht, ich habe dann immer so geflochten und...

00:22:02: Genau.

00:22:03: Ja, ich musste auch alles noch selber machen ohne Krepeisen.

00:22:06: Genau, okay, also du bist bei Greenpeace Vorstandssprecherin für Sozial-Ökologische Gerechtigkeit.

00:22:14: Wie können wir uns deinen Job und deinen Arbeitsalltag vorstellen?

00:22:17: Auf jeden Fall super vielfältig.

00:22:21: Also, ein Arbeitsalltag habe ich gar nicht so sehr.

00:22:25: Ja, vielleicht kann ich mal so einen typischen Tag mir überlegen und dann auch sagen,

00:22:32: dass ich das Tage ganz anders aussehen könnte.

00:22:34: Also, oft ist es so an einem typischen Tag, dass ich aufstehe und um 9 Uhr geht es los

00:22:40: und ich check die Nachrichten und meine Nachrichten und guck, was gerade politisch

00:22:45: und auf der Welt so passiert und überlegt mir, gibt es davon irgendetwas, was so in diesem Bereich

00:22:50: Sozial-Ökologische Gerechtigkeit reinfällt, wozu wir kommunizieren und arbeiten sollten, ganz akut.

00:22:57: Wenn das nicht der Fall ist, dann mache ich mich oft auf den Weg nach Hamburg.

00:23:01: Wir haben nämlich von Greenpeace auch in Hamburg ein Büro, ein großes Büro.

00:23:05: Und auf der Zugfahrt schreibe ich dann zum Beispiel an einem Meinungsbeitrag oder einem Gastartikel

00:23:11: zu einem Thema, was gerade ganz aktuell ist.

00:23:14: Und dann habe ich mich dann mit einem Kampagnenteam, wenn ein Team eine neue Idee hat und sagt,

00:23:22: hier müssten wir klima- oder umweltpolitisch doch eine neue Forderung erarbeiten,

00:23:27: dann schaue ich mit dem Team zusammen auf Gerechtigkeitsaspekte in diesem Bereich

00:23:32: und überlege, haben wir da genügend Perspektiven mitgedacht?

00:23:36: Haben wir uns da gefragt, was das für Menschen bedeutet, die im ländlichen Raum leben?

00:23:40: Haben wir uns überlegt, was das bedeutet für Menschen mit Behinderung?

00:23:43: Haben wir uns überlegt, was das bedeutet für Menschen, die wenig Geld haben

00:23:47: oder auch Menschen, die viel Geld haben und wie wir da einen gerechten Ausgleich finden wollen?

00:23:51: Also so eine Arbeit mache ich dann.

00:23:53: Und ja, dann geht es oft abends entweder zu einer Veranstaltung,

00:23:58: nach Podiumsdiskussion mit Vertretern in der Politik oder Wirtschaft oder Zivilgesellschaft

00:24:03: oder zu einem Abendessen mit Wissenschaftlern oder Juristinnen,

00:24:08: die wir uns dann austauschen über die Herausforderungen der Welt.

00:24:12: Also so kann mein Arbeitsalltag aussehen.

00:24:15: Es kann aber auch ganz anders aussehen, dass ich den ganzen Tag unterwegs bin

00:24:18: von Meeting zu Meeting oder Ministerien über Verbände laufe

00:24:23: oder auch einen ganzen Tag in der Uni mit Studierenden, Verbringer und Unterrichtendarfe.

00:24:30: Also es ist ein sehr vielfältiger Arbeitsalltag, den ich habe.

00:24:34: Sehr spannend.

00:24:35: Du hast ja gerade schon so verschiedene Lebensrealitäten genannt

00:24:39: und nicht nur in Zukunft Muskelmaschutz, ja auch Teilhabe und Freiheit der Menschen waren,

00:24:44: sondern auch im Hier und Jetzt ist ja nachhaltiger Lebensstil oft ein Privileg.

00:24:48: Der Kampf für Klimagerechtigkeit ist nicht immer für alle zugänglich.

00:24:51: Wie lässt sich das ändern?

00:24:53: Ja, also es gibt da super viele Ideen.

00:24:58: Zum Beispiel eine Idee ist das Klimagelten.

00:25:03: Du hast es ja gerade angesprochen.

00:25:05: Klimaschutzmaßnahmen können sich Menschen sehr unterschiedlich leisten.

00:25:10: Und das, was wir vorhin schon angesprochen hatten, international, gilt auch national.

00:25:14: Also es gibt in Deutschland Menschen, die sehr viel weniger zur Klimakrise beitragen

00:25:21: als zum Beispiel superreiche und das sind Menschen mit wenig Einkommen.

00:25:25: Aber wenn sich jetzt so klimapolitische Maßnahmen niederschlagen im Geldbeutel,

00:25:33: wie zum Beispiel das jetzt der CO2-Preis erhöht wird,

00:25:35: dann muss man darauf achten, dass es nicht bedeutet,

00:25:38: dass sich manche Leute Klimaschutz nicht leisten können

00:25:41: und wir können uns das als Gesellschaft auch nicht leisten,

00:25:43: Klimaschutz zur Klassenfrage zu machen.

00:25:45: Deswegen schlagen wir zum Beispiel ein Klimageld vor,

00:25:48: das also das Geld, was aus dem CO2-Preis kommt, in einen Topf kommt

00:25:53: und dieser Topf wird dann an alle wieder ausgeschüttet.

00:25:56: Und das bedeutet, dass die Menschen, die sich besonders Klimaschonend verhalten,

00:26:01: die wenig verbrauchen, das sind in aller Regel Menschen mit niedrigen Einkommen,

00:26:05: mit wenig Vermögen, dass die am Ende dann mehr raus bekommen,

00:26:09: vor allem von dem Anteil der Leute, die viel verbrauchen ist.

00:26:12: Deswegen eine soziale Ausgleich im Bereich Klimaschutz entsteht.

00:26:17: Ich glaube, so was ist ein Beispiel, wie man diesen notwendigen Wandel

00:26:23: sozialgerichter gestalten kann und auch muss,

00:26:26: damit er die Akzeptanz hat, die wir brauchen für Klimaschutzmaßnahmen.

00:26:32: Ja, dieser Nachteil ist ja, du hast es gesagt,

00:26:34: international und national hat das Auswirkungen.

00:26:37: Menschen sind ja auch sozial und finanziell benachteiligte Menschen,

00:26:41: sind stärker einfach von Extremwetter, Inflation oder Ressourcenknappheit bedroht.

00:26:45: Dieser Topf, den du gerade beschrieben hast, ist eine coole Idee, finde ich.

00:26:51: Werden solche Unterschiede in der aktuellen Klimapolitik schon berücksichtigt?

00:26:56: Auf jeden Fall nicht ausreichend.

00:26:58: Und das Klimageld wurde eigentlich versprochen in der letzten Legislaturperiode

00:27:03: von der letzten Regierung und ist einfach nicht gekommen.

00:27:06: Und ich finde, das ist ein ganz trauriges Zeichen,

00:27:11: weil wir das so dringend gebraucht hätten, um das Signal zu senden an Menschen in Klimaschutz.

00:27:17: Das denken wir sozial mit.

00:27:19: Und dass es nicht passiert ist in dem Bereich und in anderen Bereichenheit

00:27:23: für eine dramatische Vernachlässigung.

00:27:29: Ja, also Vernachlässigung nicht nur bei dem Thema, sondern aus meiner Sicht auch.

00:27:33: Wir haben auch drüber gesprochen am Anfang im Wahlkampf,

00:27:36: inwieweit Klimapolitik oder Klimaschutz ein Thema war oder eben kein Thema war.

00:27:41: Das Gefühl, dass Klimaschutz quasi auch wie so ein,

00:27:44: ja leider wie so ein Trenntema war und im Moment irgendwie immer weniger Aufmerksamkeit erhält.

00:27:50: Müssen wir dann jetzt auch zum Beispiel in der Sozialpolitik darauf achten,

00:27:55: das Klima auch mit einzubeziehen?

00:27:58: Absolut. Also ich glaube, wir können Klimapolitik nicht als so ein ganz isolierten,

00:28:05: alleinstehenden Bereich uns angucken, sondern und steht ja als Gesellschaft

00:28:11: ein ganz großer Wandel bevor.

00:28:14: Der notwendig ist hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft.

00:28:17: Da müssen sich super viele Dinge ändern.

00:28:19: Also wie wir uns fortbewegen, wie wir konsumieren,

00:28:23: wie die Infrastruktur ausgebaut ist für die Bedarfe der Menschen,

00:28:29: alle möglichen Bereiche.

00:28:31: Und es ist natürlich eine große gesamtgesellschaftliche Kraftanstrengung

00:28:35: und das Veränderung, die muss gut organisiert und begleitet sein.

00:28:41: Sonst macht sie Menschen Angst oder lässt Menschen zurück.

00:28:44: Und da spielt Sozialpolitik eine ganz wichtige Rolle.

00:28:48: wichtige Rolle da spielen, soziale Ausgleichsmaßnahmen für Klimaschutzmaßnahmen.

00:28:53: wichtige Rolle, wie zum Beispiel das Klimageld. Da spielen auch Fragen eine Rolle, wie wer

00:28:58: soll denn diesen Wandel der Infrastruktur beispielsweise bezahlen. Sollen das jetzt alle bezahlen,

00:29:05: gleichermaßen oder gleichzeitig oder wer wird dafür belastet? Und auch da finde ich

00:29:12: es ganz wichtig, dass wir uns überlegen, na ja, wer hat denn große Klimaschäden verursacht,

00:29:19: vielleicht sollten die Menschen dann mehr bezahlen als die Leute, die eher nicht so viel verursacht haben.

00:29:24: Also ein Beispiel, Oxfam hat kürzlich eine Untersuchung herausgegeben, in der sie sich um die 50

00:29:31: der reichsten Milliardärinnen der Welt angeschaut haben und rausgefunden haben, dass die durch

00:29:35: ihr Lebensstil, also zum Beispiel Privatjets und Yachten, aber auch durch ihre Investitionen,

00:29:40: in 90 Minuten so viel Treibhausgase imitieren wie ein Durchschnittsmensch in seinem gesamten Leben.

00:29:48: So muss man sich mal vorstellen. 90 Minuten war auch ein Lied dafür. Und da können wir uns natürlich

00:29:55: fragen, wenn so Milliardärinnen, so superreiche oft zu ihrem Reichtum auch mit klimaschädlichen

00:30:02: Geschäftsmodellen gekommen sind oder klimaschädlich investieren, ob man nicht sagt, na ja, da müssen

00:30:07: die vielleicht mal was abgeben, dafür, dass wir als Gesellschaft diese gesamte Aufgabe bewältigen

00:30:13: können und nicht die, darunter am meisten leiden, die das super wenig zu beigetragen haben.

00:30:18: Deswegen stagen wir bei Greenpeace zum Beispiel eine klima- und umweltbezogene Milliardärsteuer

00:30:23: vor. Wir sagen ja Menschen, die über 100 Millionen Euro haben, die sollten mit 2% besteuert werden.

00:30:32: Das könnte uns jetzt zwischen 2025 und 2030 so an die 200 Milliarden Euro bringen, die wir super

00:30:40: dringend bräuchten für Dinge wie den Ausbau von klimagrechter Infrastruktur oder auch sozialen

00:30:51: Modernisierungsmaßnahmen, also klimagrechte Schulen oder auch Klimaschulbildung. Also kann

00:30:57: Sie ganz viel vorstellen, wofür man gerade Geld braucht. Und ja, ich finde auch das gehört

00:31:03: zu diesen Gerechtigkeitsfragen total dazu.

00:31:05: Wie denkst du, kann das Klima wieder mehr zum Thema werden?

00:31:10: Also ich glaube Klima ist Thema und da liegt eine ganz große Schwierigkeit für mich,

00:31:20: finde ich, schon drin im politischen Diskurs. Also wir sehen, dass Menschen weiterhin die

00:31:27: Klimakrise total wichtig ist und dass sich Menschen auch sorgen vor den Folgen der Klimakrise.

00:31:31: Bei einer Befragung kurz vor der Wahl, wenn man Leute gefragt hat, was gehört für euch

00:31:36: unter die zwei wichtigsten Themen, dann war Klimaschutz weiterhin total weit oben.

00:31:41: Aber du hast recht oder mein Eindruck ist auch, dass es medial und politisch einfach nicht mehr

00:31:49: so besprochen wird und wie kommen wir da hin? Also ich glaube einerseits dadurch, dass Organisation,

00:31:57: Aktivistinnen, engagierte Zivilgesellschaft immer wieder darauf aufmerksam macht, dass

00:32:03: dieses Thema wichtig ist und dass wir uns damit befassen müssen. Aber ehrlich gesagt, auch

00:32:09: durch zwei andere Sachen. Also einmal die Klimakrise ist da und wir sehen die auch immer mehr.

00:32:16: Also es wird nicht weggehen als Thema, sowieso nicht. Und zweitens auch rechtlich. Also

00:32:21: wir haben uns zu einem völkerrechtlichen Vertrag verpflichtet. Wir haben eine verfassungsrechtliche

00:32:27: Entscheidung, dass Klimaschutz unsere Aufgabe ist. Also das ganze Thema wird nicht weggehen.

00:32:32: Deswegen denke ich mir, es wäre doch eher an der Zeit mal gute konstruktive Lösungen

00:32:37: zu diskutieren, statt wie wir das Thema auf die Agenda bringen, weil das Thema gibt es,

00:32:41: Klimakrise gibt es und wir müssen Lösungen finden. Daran täten wir sehr gut.

00:32:45: Kurze Werbeunterbrechungen eigener Sache. Mit Veto geben wir Aktivismus eine mediale Bühne.

00:32:51: Wir erzählen von denen, die aufstehen und ihre Stimme erheben. Was sie wollen, was sie

00:32:56: antreibt, das lesen sie jede Woche neu auf www.veto-magazin.de

00:33:00: Ich finde das ganz spannend, im Alltag auch medial zu beobachten. Ich hatte letzten Austausch

00:33:10: mit zwei Freunden, die in anderen Städten wohnen. Ich lebe in Hannover und in all unseren

00:33:13: drei Städten gab es eine Warnung, dass man nicht joggen gehen soll, weil die Luftqualität

00:33:17: so schlecht ist. Dann habe ich so gesagt, ja, guck mal, wir sind schon mittendrin. Aber es

00:33:22: wird dann halt nicht zu dieser Bildung dazu gesagt. Übrigens, daran liegt es so. Und

00:33:28: ich glaube, dass viele Leute dann immer nicht, die warten so auf den großen Tag, wo plötzlich

00:33:33: die Auswirkungen kommen. Dabei kommen sie tagtäglich und man weiß ja nicht, das wird mir dann

00:33:37: irgendwie medial zu wenig verbunden. Geht es dir genauso?

00:33:40: Mir geht es absolut so. Ich finde, man kann nicht über aktuelle Entwicklung im Bereich

00:33:49: Umwelt extremere Werteereignisse, die ganzen Überschwemmungen, die wir sehen, sprechen

00:33:53: oder auch immer über die Auswirkungen der Klimakrise zu sprechen. Weil das sind diese

00:33:58: Auswirkungen in vielen Bereichen. Also Luftwerte ist jetzt eher Umweltschutz, aber das hängt

00:34:05: natürlich auch ganz viel zusammen. Und gleichzeitig, was ich interessant finde, auch wichtig zu

00:34:14: beobachten, es reicht offensichtlich nicht, dass wir 1, 2, 3, 4, 5 Mal, wie oft auch immer,

00:34:22: dramatische Zustände unserer Umwelt haben oder Extremwerteereignisse. Wir hatten die

00:34:28: Überschwemmungen im A-Teil. Wir haben gesehen jetzt wieder kürzlich, dass Kalifornien gebrannt

00:34:33: hat, Licht, Dalo. Und das bedeutet aber trotzdem nicht, dass alle auf einmal gute Klimaschutzpolitik

00:34:38: machen. Also da müssen wir systematischer drauf schauen, was sind denn die Ursachen,

00:34:44: was ist die Wirkung und was ist das, was wir wirklich brauchen, damit es eben nicht so

00:34:47: von Ereignis zu Ereignis sich hangelt oder wir schon glauben, dass es laufen wird. Und

00:34:52: deswegen ist Klimaschutz ... ja, Klimaschutz so ... ich finde es immer ganz schön, ein

00:35:00: Freund von mir hat das mal gesagt, ist ein Marathon und kein Sprint. Also eigentlich geht

00:35:06: es um ausdauernd dabei zu bleiben und immer wieder aufmerksam zu machen.

00:35:11: Du hast in einem Interview bei Greenpeace erzählt, dass du dich in deiner Arbeit immer wieder

00:35:16: fragst, was Menschen außerhalb unserer Blase für Vorstellung von einem guten Leben haben.

00:35:20: Und diese Überlegung möchtest du einbinden, wenn wir Änderungen für eine bessere Zukunft

00:35:24: anstreben. Wie schaffst du es, so verschiedene Lebensentwürfe und Zukunftsvisionen zu sehen?

00:35:29: Indem ich versuche, mit möglichst vielen Menschen zu sprechen und mich zu unterhalten.

00:35:37: Also, jeder Mensch hat seine ganz eigene Perspektive auf sein eigenes Leben, auf sein Umfeld. Und

00:35:44: ich kann selber auch durch ... im Lesen gar nicht mir das alles genug vorstellen. Es ist

00:35:50: jedenfalls meinen Eindruck. Und deswegen versuche ich wirklich, wo es geht, mich mit

00:35:54: Menschen so treffen und zuzuhören. Also ich ruf meine großen Mutter ganz oft an und

00:36:02: fragte, wie ist das denn, wenn man über 80 ist, was denken denn deine Freunde und Freundinnen

00:36:07: zu diesen und jenen Themen, viele von denen leben im ländlichen Raum und haben eine andere

00:36:13: Perspektive als jetzt eine junge Person in der Stadt. Ich versuche mich mit Menschen,

00:36:18: mit Behinderungen oder Diskriminierungserfahrungen zu unterhalten, mit Menschen, die wenig Einkommen

00:36:25: haben, zum Beispiel vom Bürgergeldleben oder ja, Menschen, die vielleicht ganz andere

00:36:33: Sorgen haben als primär Klimaschutz, aber die auch Klimaschutz möchten. Also nehmen

00:36:38: wir mal eine Mutter mit einem, oder eine ziehen eine Mutter mit einem kleinen Kind, die mir

00:36:43: sagt, Klimaschutz, ich finde es total wichtig, auch für mein Kind, aber bei mir geht es

00:36:49: wirklich darum, wie kriege ich es irgendwie hin, mein Leben zu handeln und das es am

00:36:53: Ende reicht für unser Essen und unser Lebensstandard irgendwie aufrecht zu erhalten für mein

00:37:01: Kind. Und ich kann mich nicht auch noch fürs Klima so engagieren oder einsetzen den ganzen

00:37:05: Tag und auch diese Bedürfnisse versuche ich einfach zu verstehen und dann möglichst

00:37:11: in meine Arbeit einzubringen. Und da sieht man, finde ich, auch, dass Menschen, die jetzt

00:37:16: vielleicht nicht so ganz sich von Treibhausgas-Emissions-Reduktionsbudgets abholen lassen,

00:37:24: trotzdem sagen, ja, natürlich ist mir eine gesunde Aufwachsen für mich und meine liebsten

00:37:31: wichtig, also mit einem wichtigsten. Natürlich ist mir wichtig, dass wir auch in unserem

00:37:38: Dorf vielleicht oder in unserem Umfeld ein gutes Miteinander haben und solidarisch miteinander

00:37:44: sind und auch eine Landwirtschaft sehen, die ermöglicht, dass wir gesundes Essen haben und

00:37:52: die Landwirtinnen, die gesund anbauen möchten und ökologisch dafür aber auch belohnt werden. Also

00:37:58: wenn man so in die Lebensrealitäten guckt, gibt es ganz, ganz viele Anknüpfungspunkte für

00:38:02: Klima- und Umweltschutzmaßnahmen und ich glaube, dass uns da auch viel, viel, viel mehr eint, als

00:38:08: dass gesellschaftlich so diskutiert wird oder so dargestellt wird. Es ist ja auch so, dass unsere

00:38:15: westliche und kapitalistische Sozialisierung unser Bild von einem guten Leben sehr prägt. Welche

00:38:23: Annahmen und Vorstellungen sollten wir vielleicht hinterfragen, diesbezüglich. Ja, also ich gebe,

00:38:29: wir müssen uns wirklich fragen, ob das BIP, also Brutto-Inland-Produkt jetzt die einzige Messgröße

00:38:36: ist, anhand dem wir Wohlstand und Wohlbefinden messen sollten oder ob es da nicht ganz andere

00:38:41: Faktoren gibt, wie zum Beispiel Menschen sind zufrieden mit ihrer Arbeit, Menschen sind gesund,

00:38:50: Menschen haben enge soziale Beziehungen, das ist für super viele Menschen wichtig und macht

00:38:55: viele Menschen auch ab einem gewissen Punkt glücklicher oder mindestens genauso glücklich

00:39:00: wie jetzt noch ein paar Euro mehr auf dem Front zu haben. Genau, also ich glaube, da müssen wir uns

00:39:05: überlegen, ob wir Alternativen haben, wie wir Wohlstand messen und wie wir auch darauf

00:39:12: hinarbeiten, dass wir innerhalb der Planetaren grenzen, also dem, was uns die Welt zur Verfügung

00:39:17: stellt, so wirtschaften, dass Menschen möglichst gut geht, weil wenn wir nur auf das Wirtschaftsagschwung

00:39:23: schauen und die Planetarien grenzen dabei nicht berücksichtigen, dann geht es am Ende allen

00:39:28: schlechter. Also das ist überhaupt keine langfristige Lösung und Perspektive und da müssen

00:39:33: wir uns überlegen, wie so ein gutes Leben aussehen kann als Gesellschaft. Wir kommen zu einer

00:39:40: weiteren Aufgabe von deinen zahlreichen Sachen, die du machst, die du gemacht hast in der 20.

00:39:46: Legislaturperiode, hast du als stellvertretende Vorsitzende im Bundesjugendkoratorium gearbeitet,

00:39:52: das ist für alle, die das nicht wissen, ein Gremium an Sachverständigen, das die Bundesregierung

00:39:57: zu Kindertunfthilfe berät. Schreib gerne mal, wie so ein Beratungsprozess abläuft und was du in

00:40:03: diesem Job als Sachverständiger auch bewirken kannst. Also der Beratungsprozess läuft zum

00:40:11: Beispiel so ab, dass wir uns als Runde der Sachverständigen treffen für ein oder zwei

00:40:16: Tage und uns erst mal anschauen, was sind die aktuellen politischen Themen und auch Gesetzes

00:40:24: vorhaben, die gerade diskutiert werden oder die gerade im Entstehen sind und uns dann anschauen,

00:40:31: was hat das mit Kindern und Jugendlichen zu tun und werden die da genug berücksichtigt

00:40:37: mit deren Belangen. Also beispielsweise gibt es eine Debatte zur Wehrpflicht gerade in der

00:40:50: Gesellschaft und die Überlegung führt man jetzt wieder eine Wehrpflicht ein oder nicht oder ja

00:40:56: oder nein und dann setzen wir uns zusammen und überlegen, ja, was bedeutet denn so eine oder

00:41:03: wird so eine Wehrpflicht bedeuten für junge Menschen, was muss man da beachten, wie kann

00:41:09: man deren Rechte schütten und dann geht ein ganz großer Diskussionsprozess in unser Runde los.

00:41:16: Alle Menschen haben ganz unterschiedliche Expertisen, die da drin sitzen, also beispielsweise ein

00:41:21: Sozial-Logie-Professor, ein Professor, der im Bereich psychische Gesundheit für junge Menschen

00:41:29: arbeitet, eine Sozialarbeiterin, dann habe ich meinen juristischen oder klimapolitischen

00:41:37: Generationengerechtigkeitsblick, dann werfen alle ihre Bedenken, ihre Ideen rein und dann überlegen

00:41:46: wir, ja, äußern wir uns dazu öffentlich und beraten wir so die Bundesregierung und sagen,

00:41:53: ja, da müssen junge Menschen mitgedacht werden oder da müsste junge Menschen anhören

00:41:59: oder wir haben ganz konkrete Empfehlungen, die wir rausgeben. Dass du grad schon gesagt,

00:42:07: es ist ein Professor dabei und noch ein Professor und eine Sozialarbeiterin. Viele deiner

00:42:11: Kolleg*innen in diesem Gremium sind auch deutlich älter als du. Wie fühlt es sich an, in so einem

00:42:18: Gremium zu sitzen, dass eigentlich die Perspektive der Kinder und Jugend vertreten soll und du bist

00:42:22: dabei eine der jüngsten Menschen? Ich habe einmal das wichtig zu unterscheiden,

00:42:28: dass das Gremium jetzt keine Interessenvertretung ist, also es ist keine Vertretung von jungen

00:42:34: Menschen für junge Menschen, sondern das ist ein Sachverständigen Gremium, wo die Menschen

00:42:40: ihren eigenen Sachverstand einbringen sollen. Deswegen, genau das finde ich mal noch mal ganz

00:42:47: wichtig zu sagen, aber trotzdem empfinde ich das so, dass das auch Teilnehmen von jungen Menschen

00:42:56: als Sachverständigen oder jungen Sachverständigen nochmal ganz andere Perspektiven reinbringen,

00:43:01: weil junge Menschen jetzt nicht nur den Sachverständigen in ihrem Fachbereich haben,

00:43:09: also ich jetzt zum Beispiel juristisch, sondern auch oft einfach näher dran sind an den Lebensrealitäten

00:43:14: anderer jungen Menschen und das mehr mitbekommen und damit Expert*innen für ihre eigenen Lebenswelten

00:43:20: sind und das auch einbringen können. Und ich hatte schon, wir hatten schon oft Situationen,

00:43:24: wo jemand gesagt hat, ja unsere Studie sagt jetzt das und das und ich dann gesagt habe, naja,

00:43:33: das ist irgendwie total wichtig, aber was ich auch super wichtig finde ist, dass also Bereich

00:43:41: jetzt psychische Gesundheitsversorgung von jungen Menschen, dann ergeben Studien das und das bräuchte

00:43:46: das für junge Menschen, aber das wo junge Menschen ganz oft dran scheitern ist, dass sie überhaupt

00:43:50: nicht wissen wie sie sich an Hilfe wenden sollen oder an Hilfe Stellen wenden sollen, weil sie gar nicht

00:43:55: wissen wo sie anfangen sollen zu suchen oder überhaupt keine Kontaktmöglichkeiten haben und

00:43:59: da ist schon ganz oft dran scheitert. Also das man einfach sagt, naja, in der Wirklichkeit ist die

00:44:05: erste Hürde erst mal wo ganz anders, da haben wir vielleicht nicht drüber nachgedacht, wenn wir uns

00:44:09: das aussenabsthin entferteren Perspektive anschauen und so kommen dann ganz oft gute Ideen zusammen,

00:44:17: wie ich finde und gegenseitig ordnet man ein, ergänzt sich und korrigiert sich auch gegebenen

00:44:24: falls mal in der eigenen Wahrnehmung. Gibt es so Momente, in denen du eine Generation

00:44:30: Ungerechtigkeit richtig spürst? Persönlich oder politisch? Beides. Ja ich finde der Wahlkampf

00:44:43: war ein Moment, in dem man eine Generation Frage glaube ich zugrunde legen kann, wie wir Politik

00:44:52: machen. Also wir haben ja schon gesagt im Wahlkampf Klimaschutz war kein großes Thema, aber auch andere

00:44:58: Zukunftsthemen waren wirklich wirklich dünn. Also wo ging es denn wirklich um Kinder und Jugendliche

00:45:05: im Wahlkampf und wo ging es um Bildung oder den Zustand unserer Schulen, wo ging es darum wie

00:45:12: junge Menschen aufwachsen können und was sie brauchen dieser Gesellschaft. Also all das habe ich

00:45:17: ganz wenig gesehen und haben wir auch nur sehr fragmentarisch in den Wahlprogrammen gesehen und

00:45:24: andererseits hingen ganz viele große Schilder, Deutschland Sicherheit braucht eine gute Rente

00:45:31: oder ja wir müssen dafür sorgen, dass Leute nicht in Altersarmut rutschen, was sich alles

00:45:41: wichtig finde, aber da ist eine Disbalance drin in dem worüber gesprochen wird und das ist auch

00:45:47: nicht zufällig so. Wir haben eine unfassbar alternde Gesellschaft, also unser Medianwahlalter. Bei der

00:45:55: letzten Wahl war über 50 Jahre schon und diese Tendenz steigt immer und in einiger Zeit werden

00:46:02: Rentnerinnen und Rentner mehrheitlich die Wahlen entscheiden und junge Menschen haben immer weniger

00:46:08: in Deutschland und auch immer weniger Eltern von jungen Menschen. Wir haben das mal ausgerechnet,

00:46:13: wenn alle Eltern von allen minderjährigen Kindern in Deutschland sich zusammenschließen würden,

00:46:18: also ein Verband für junge Menschen, dann hätte dieser Verband weniger Mitglieder als der ADAC,

00:46:24: mehrere Millionen vermutlich. Also da sehen wir schon, es gibt wenig junge Menschen in diesem Land,

00:46:31: viele können gar nicht wählen, es gibt auch wenige Eltern von jungen Menschen, es gibt sehr

00:46:35: viele ältere Menschen und das macht natürlich was damit, wo man als Politik seinen Fokus drauflegt

00:46:41: und das ist was, was ich im Wahlkampf für großer Sorge beobachtet habe und sich übrigens auch in

00:46:48: juristischen Auseinandersetzungen niederschlägt. Und persönlich, also manchmal so Momente, wo du

00:46:56: so was spürst? Ja, ich finde es schon, dass wenn man so durch unsere Lebensumwelten geht, gerade wenn

00:47:11: ich unterwegs bin mit Kindern aus meinem Freundesumfeld oder auch vor einiger Zeit mit meinen

00:47:20: jüngeren Geschwistern, ich habe vier jüngere Geschwister, dann finde ich schon, dass es nicht

00:47:27: so viele Freiräume gibt für Kinder und Jugendliche, wo die einfach mal mitgedacht wurden, also dass

00:47:34: sie da gut spielen können, dass irgendwie die Infrastruktur auch für junge Menschen ausgerichtet

00:47:41: ist oder für Menschen mit Kinderwagen, auch Menschen mit Behinderung gehören auch dazu jetzt

00:47:48: nicht nur junge Menschen, aber so diese Räume, wo können junge Menschen spielen, wo gibt es

00:47:54: Jugendzentren, wo gibt es Möglichkeiten zusammen zu kommen, ungestört nach der Schule oder so,

00:48:02: die werden im öffentlichen Raum, finde ich, weniger und ich glaube auch als Störnde empfunden. Also ich

00:48:09: weiß nicht, ob das so war, schon so als ich Kind war, aber so diese junge Leute sind so laut,

00:48:14: wenn Kinder schreien, das ist auch nervig und wir wollen mal lieber alle unsere Ruhe haben. Das ist

00:48:20: schon was, was ich mit Sorge beobachte und glaube ich auch vielleicht darauf hin deutet, dass wir

00:48:26: einfach eine sehr stark alternde Gesellschaft haben. Dass du sagst, auch mit den Spielmöglichkeiten

00:48:31: im Freien muss ich immer an ein Lied denken, was mein Kind sich ausgedacht hat, als Corona ganz

00:48:38: frisch war. Der in der Badewanne gesessen und gesagt, der Virus ist da, die Spielplätze sind

00:48:43: abgesperrt. Das ist richtig, das würde ich echt noch beschäftigen und ich meine, der war noch

00:48:51: echt klein, konnte man gut auffangen, aber das sind jetzt mit einem auch die letzte Möglichkeit

00:48:58: im öffentlichen Raum irgendwie noch genommen für diese Kinder. Ja Corona ist ein total gutes

00:49:04: Beispiel auch, also wo man jetzt rückblickend ja auch an ganz vielen Stellen hört, ja man

00:49:11: konnte es damals nicht wissen oder man konnte es damals nicht alles so abschätzen, das verstehe

00:49:16: ich auch, aber rückblickend haben wir zu wenig darüber nachgedacht, was das mit Kinder und

00:49:21: Jugendlichen macht und es finde ich erstmal gut als Erkenntnis, aber ich würde mir wirklich

00:49:26: wünschen, dass es dann nicht bei so einer Entschuldigung bleibt oder so "oh, lief nicht so gut",

00:49:31: sondern man sich wirklich überlegt, okay was gibt man dann den jungen Menschen jetzt auch zurück,

00:49:36: dass die vielleicht in ein positives Gefühl zu ihrer eigenen Zukunft, zu den Möglichkeiten kommen

00:49:46: und irgendwie vielleicht auch ein paar Dinge, die einige Gefühle verpasst haben, auffüllen können

00:49:52: und das größte, was ich in der Debatte gehört habe, war, wie können die jetzt möglichst schnell

00:49:56: ihren ganzen Schulstoff wieder auffohlen und das ist natürlich irgendwie nichts, was Kinder und

00:50:00: Jugendliche in diesem Gefühl abholt, also das war auch eine Debatte, die glaube ich viel an den

00:50:05: Lebensrealitäten von Kinder und Jugendlichen vorbeigegangen ist. Schulstoff auffohlen und jetzt

00:50:09: bitte noch ein Jahr extra auf jeden Fall freiwillige soziale Arbeit irgendwo leisten, verpflichtend

00:50:14: für alle. Genau, also auch das ist immer wieder so ein großes Thema, dass er irgendwie über junge

00:50:20: Menschen ganz oft spricht oder nachdenkt, wenn es darum geht, dass sie doch mal bitte mehr arbeiten

00:50:25: sollen, sich mal ein bisschen mehr einbringen sollen und irgendwie nicht so faul sein sollen,

00:50:29: obwohl wir das überhaupt nicht sehen, dass jetzt z.B. die Gen Zee oder so weniger arbeiten

00:50:33: wollen würde oder fauler ist als andere, also das ist einfach so eine Debatte und wenn man dann

00:50:40: immer wieder nur so über junge Menschen redet oder ganz oft, dann glaube ich, dass man wirklich

00:50:46: nicht fördert, dass Leute Demokratie und auch politische Prozesse als das begreifen, was sie

00:50:56: eigentlich sind, nämlich ein ganz großartiger Mechanismus und verschiedene Interessen zusammen

00:50:59: zu bringen, aber dafür muss man das dann auch ernsthaft betreiben. Wir kommen nochmal zur

00:51:05: Politik, die Parteien sprechen ja aktuell gerne von Sofortprogrammen. Was sind zwei Punkte beim

00:51:11: Klimaschutz, die jetzt zügig umgesetzt werden sollten? Ein Punkt ist ein massiver Ausbau der

00:51:20: erneuerbaren Energien, also ohne erneuerbare Energien geht es nicht Richtung Klimaneutralität und

00:51:27: Ausbau eines klimaschonenden, bezahlbaren und ja für möglichst alle barrierefreien ÖPNV und zwar in

00:51:42: der Stadt und auf dem Land, wären so meine zwei meiner Favoriten. Wenn wir jetzt nochmal an den

00:51:49: Anfang der Folge zurückdenken, da haben wir über unsere Titel als Hoffnungsträgerin geredet,

00:51:54: besonders Aktivist*innen erinnern sich ja immer wieder gern daran zuversichtlich zu bleiben und

00:52:00: ich frage mich, was macht dir Hoffnung in deiner Arbeit, in deinem Leben und generell?

00:52:04: Hoffnung machen mir ganz viele Menschen, die ins Tun kommen. Also ich finde, dass Hoffnung immer

00:52:16: wieder da entsteht, wo man sieht bei allen Schwierigkeiten und allen Problemen, die es gibt und

00:52:22: auch Dinge, die wirklich in schwierige Richtungen gerade laufen, dass Leute sich immer wieder

00:52:26: überlegen, aber wo gibt es einen Anliebfungspunkt zum Handeln? Wo kann ich mit meinen Fähigkeiten

00:52:32: noch was bewirken und wenn Leute dann einfach anfangen und Mitschreiter*innen finden und sich

00:52:38: zusammenschließen, dann entstehen ja ganz oft sehr, sehr beeindruckende Dinge. Also dann haben wir

00:52:45: auf einmal über eine Million Menschen auf den Straßen, die für Klimaschutz oder gegen Rechtsextremismus

00:52:52: demonstrieren, für Mehrzusammenheit, für Demokratie oder dann haben wir auf einmal junge Menschen,

00:52:58: die vor Bundesverfassungsgericht ziehen und gewinnen für bessere Bildung oder mehr Klimaschutz

00:53:05: oder dann haben wir ja Leute, die sowas wie eine Hochschulgruppe gründen oder eine eigene

00:53:12: Initiative oder vor Ort eine Bürgerinitiative auf den Weg bringen. All das sind Momente, wo ich denke,

00:53:19: ja, solange es Anknüpfungspunkte zum Handeln gibt, gibt es auch Hoffnung, weil die Dinge immer

00:53:28: besser gemacht werden können und das gibt mir auch immer Kraft, wenn ich selber mal einen

00:53:32: Hoffnungsarmen momentan oder Hoffnungsdosen, dass ich das Gefühl habe, ja, da gibt es immer Leute,

00:53:40: die weitermachen und die mich immer wieder inspirieren und mittragen auch. Auf was für eine

00:53:48: Zukunft hoffst du? Ich hoffe auf eine Zukunft, in der wir die planetaren Grenzen achten, also

00:53:58: wirklich so mit unserer Umwelt, Natur, dem Klima umgehen, dass wir nur das verbrauchen, was sich

00:54:06: auch erholen kann, was wieder wachsen kann, weil das einfach ja ganz grundlegend ist, damit wir

00:54:15: generationengerecht in die Zukunft gehen können und nicht eine Generation oder ein paar auf Kosten

00:54:19: aller anderen leben und dass wir dann mit dem, was darin möglich ist und zusammengesetzt haben und

00:54:27: gerechte Verteilung von Möglichkeiten, Chancen, Freiheiten und Pflichten gefunden haben, die

00:54:39: Jung und Alt mitdenken, die Menschen mit weniger und mehr Einkommen mitdenken, die Menschen auf dem

00:54:45: Land in der Stadt mitdenken, die Menschen in den Industrienationen mitdenken, aber auch Menschen

00:54:50: im globalen Süden, die mitdenken, wie Diskriminierung wirken und wie man ihn begegnen kann und

00:54:58: möglichst vielen Menschen möglichst viel Wohlbefinden, Gesundheit und Freiheit das zu tun, was ihnen

00:55:06: wichtig ist ermöglicht, das wäre eine Welt, in der ich sehr gerne leben würde. Liebe Baro,

00:55:12: bevor wir uns immer von unseren Gästen verabschieden, geben wir ihnen die Möglichkeit,

00:55:17: eine eigene Werbeanzeige unterzubringen. Also ich spiele jetzt gleich den Jingle ab und dann

00:55:21: kannst du auf Initiativen, Personen, Bücher, Podcasts, Projekte, Filme, was auch immer verweisen,

00:55:28: die dich inspiriert haben und die mehr Aufmerksamkeit verdienen und ja, die dann hier immer am Ende

00:55:35: unseres Podcasts einen Platz bekommen. Gut, dann spiele ich dir den Jingle ab.

00:55:39: Oh, ganz schön, wichtig, Platz für deine Werbeanzeige.

00:55:48: Wir hatten ja gerade Bundestagswahlen und Friedrich Merz und die Union haben viele

00:56:01: Wählerstimmen hinter sich vereinen können. Was mir total wichtig ist, ist, dass auch ein

00:56:08: Kanzler Friedrich Merz Klimaschutz betreibt und sich darum kümmert, dass der Wandel,

00:56:14: der uns bevorsteht, möglichst gerecht von Schatten geht. Wenn ihr das auch möchtet,

00:56:20: dann könnt ihr euch einen offenen Brief anschließen, den ihr findet auf der Website von Greenpeace

00:56:27: und der Friedrich Merz dazu auffordert, Klimaschutz weiter mitzudenken, Verantwortung zu tragen

00:56:33: und den Wandel gerecht zu gestalten, wenn ihr das möchtet, dann klickt doch mal darauf

00:56:39: und sendet eure Unterstützung mit auf ab. Das machen wir alle, selbstverständlich.

00:56:45: Vielen Dank, Baro, dass du da warst und ja, so viele tolle, erklärende und ich finde auch

00:56:52: motivierende Antworten gegeben hast. Vielen, vielen Dank dafür.

00:56:55: Ja, danke für die Einladung und für eure Fragen.

00:56:58: Dann freuen wir uns auf die nächste Folge, die erscheint in 14 Tagen und zwischendurch

00:57:04: könnt ihr gerne mal gucken auf www.vetominusmech.de oder vorbeischauen bei Instagram. Wir hören

00:57:10: uns wieder. Bis dann. Tschüssi.

00:57:12: Tschüss.

00:57:13: Hey, bist du noch da? Dann bis bald. Du hörst ganz schön laut. Den Veto Podcast. Alle

00:57:36: zwei Wochen. Überall, wo es Podcast gibt. Und bis dahin folgt uns auf Instagram und TikTok.

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