Kübra Sekin und Revolte im Showbiz

Shownotes

Wenn sich Kübra Sekin auf einer Party vorstellt, beschränkt sie sich oft darauf, dass sie Schauspielerin ist. Host Ninia LaGrande würde sagen: „Das ist meine Freundin Kübra. Sie wurde kürzlich für den deutschen Schauspielpreis in der Kategorie ‚starker Auftritt‘ ausgezeichnet. In Erinnerung geblieben sind ihre Auftritte in der ZDF-Kabarettshow ‚Die Anstalt‘. Und auf Instagram weist sie unermüdlich auf Ableismus, diskriminierende Gesetze und Verhaltensweisen hin.“

Ihre Leidenschaft für Schauspiel und Moderation hat Kübra Sekin früh entdeckt: Sie moderierte Sendungen für das Schulradio „Rollipop“ und bespielte mit ihrer Theater-AG zum ersten Mal eine Bühne. Warum sie bis heute diese Berufe ausübt, ist für sie vollkommen klar: „Weil ich die Sichtbarkeit genieße und weil ich es genieße, Geschichten zu erzählen.“

Doch für Kübra Sekin geht es um weit mehr – zum Beispiel darum, ihren Traum zu leben. Auf der Bühne oder vor der Kamera zu sein, das ist für sie immer auch unweigerlich ein politisches Statement. Als queere und migrantische Frau im Rollstuhl repräsentiert sie bei ihrer Arbeit zwangsläufig marginalisierte Gruppen. Und die Frage, was ihre Sichtbarkeit für politische Konsequenzen hat, ist ihr ständiger Begleiter.

Mit Host Ninia LaGrande blickt Kübra Sekin zurück auf ihren Weg im Showbiz. Dabei erinnert sie sich an aufbauende Momente, in denen sie sich geschützt und zugehörig gefühlt hat. Und an kräftezehrende Hürden, die es ihr immer wieder strukturell schwer gemacht haben. Gemeinsam gehen sie der Frage nach, wie sie erkennen, wenn sie von Veranstaltenden als Token benutzt werden und sprechen über Kübra Sekins Forderung, frei gewordene Sendezeit in einem öffentlich-rechtlichen Sender an Menschen mit Behinderung zu vergeben.

TRANSPARENZ

Kübra Sekin empfiehlt die Arte-Serie 1 Meter 20 als positives Beispiel, wie eine Geschichte über eine behinderte Protagonistin facettenreich und ohne Klischees erzählt werden kann.

Auf die Frage, woran Kübra Sekin aktuell arbeitet, nennt sie das Theaterstück Balis – eine magische Mission und eine Folge der ZDF-Politsatire „Die Anstalt“ zu Feminismus in Deutschland.

Kübra Sekin wirbt für die Kochsendung „Pop und Pasta“, bei der sie Anfang Dezember zu Gast sein wird.

Die Folge mit Kübra Sekin wurde am 1. November 2024 aufgezeichnet.

URHEBERRECHT

Im Intro des Podcasts zitieren wir:

Enissa Amani, aus: „Rebels. Ich rebelliere also bin ich“; Folge 2: „Die Macht der Comedy“ vom 13. Dezember 2022, ARD Kultur, Timecode: 00:11:26

Anja Reschke, aus: „Panorama“, Beitrag „Mein Nachbar ist Nazi“ vom 1. Juli 2022, NDR, Timecode: 00:00:05

Disarstar, aus: „Rebels. Ich rebelliere also bin ich“; Folge 1: „Die Macht der Musik“ vom 13. Dezember 2022, ARD Kultur, Timecode: 00:01:45

DANKSAGUNG

Redaktion: Melanie Skurt, Jasper von Römer; Hosts: Ninia La Grande, Stephan Anpalagan; Produktion: Benjamin Jenak; Artwork: Karla Schröder; Sprecherin: Leni Leßmann

FINANZIERUNG

Veto wird anteilig gefördert von der Schöpflin Stiftung, der GLS Treuhand und vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung.

Transkript anzeigen

00:00:00: Es hätte keine Veränderung dieser Welt gegeben, wenn nicht irgendjemand gesagt hätte,

00:00:05: "Achtung, das müssen wir ändern."

00:00:07: Aber manchmal muss man klare Kante zeigen.

00:00:09: Das fordert die Gesellschaft ja auch.

00:00:11: Klare Kante gegen rechts heißt es auch zum Beispiel immer.

00:00:13: Die Welt brennt an allen Ecken und Enden, haben wir extreme, massive Probleme,

00:00:18: vor denen sich auch keiner verschließen kann.

00:00:20: Die Welt ist in Aufruhr.

00:00:22: Doch Aktivistinnen geben Hoffnung.

00:00:24: Du hörst "Ganz schön laut".

00:00:26: Den Veto-Podcast mit Ninia Lagrande und Steven an Palaggan.

00:00:29: Wir stellen Menschen vor, die für Veränderung etwas riskieren.

00:00:33: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge von "Ganz schön laut".

00:00:41: Dem Interview-Podcast des Veto-Magazins.

00:00:43: Heute spreche ich mit einer Gästin, über die ich mich ganz besonders freue.

00:00:48: Wir kennen uns in mich seit vielen Jahren, sind uns zunächst beruflich begegnet

00:00:51: und inzwischen auch privat verbunden und Freundinnen.

00:00:54: Das möchte ich gleich zu Beginn transparent machen.

00:00:56: Sie ist eine der starken Stimmen in Deutschland zum Thema "Abelismus".

00:01:00: Sie ist Schauspielerin, Moderatorin und Performerin.

00:01:03: Und mit ihr spreche ich heute unter anderem über die Herausforderungen

00:01:06: behinderter Menschen in der deutschen Film, Theater und Fernsehbranche.

00:01:11: Hallo, liebe Kübra Sekin. Hallo.

00:01:14: Hallo, Ninia.

00:01:16: Was hast du gemacht, kurz bevor wir uns jetzt hier online zur Aufnahme getroffen haben?

00:01:21: Oh, ich hatte ein Pflegeberatungsgespräch.

00:01:25: Dieses Gespräch bekommt man einmal im halben Jahr.

00:01:29: Und dieses Gespräch ist auch verschpflichtend,

00:01:32: wenn du deinen Pflegegrad beibereiten möchtest.

00:01:35: Genau, das ist heute erfolgt.

00:01:38: Das heißt, du musst quasi beweisen, dass du immer noch

00:01:41: berechtigt bist für diesen Pflegegrad und nicht Wunderheilung erfahren hast, oder so?

00:01:46: Ja, das war früher so.

00:01:48: Seit ein paar Jahrchen ist das ein bisschen anders.

00:01:52: Man bekommt diese Pflegeberatungstermine,

00:01:55: wo ein unabhängiger Pflegedienst dich quasi zu deiner Pflege berät.

00:02:01: Ah, okay.

00:02:03: Und sicherstellt, dass du noch gut versorgt bist.

00:02:08: Genau.

00:02:10: Ganz zu Beginn wollen wir dich natürlich erst mal ein bisschen vorstellen.

00:02:13: Und da habe ich mir gedacht, wir machen das so, dass ich dich frage,

00:02:16: wie würdest du dich auf einer Party jemandem vorstellen,

00:02:20: den oder die du gar nicht kennst?

00:02:23: Und danach beantworte ich, wie ich dich vorstellen würde auf einer Party,

00:02:27: wenn ich mit dir angeben würde, was ich gerne tue.

00:02:30: Also, wie würdest du dich vorstellen, wenn du jemanden trist,

00:02:33: der oder die gar nicht weiß, was du so machst?

00:02:36: Oh mein Gott.

00:02:38: Ja, ich sag, ich sag, glaube ich, meistens, dass ich Schauspielerin bin.

00:02:44: Also, mir ist dann klar, dass nicht der volle Umfang meiner Selbstständigkeit

00:02:51: damit beschrieben ist.

00:02:53: Aber für den Einstieg bin ich immer so, okay, reicht.

00:02:56: Das ist genug.

00:02:58: Man muss die Person gar nicht wissen.

00:03:00: Ja, genau.

00:03:02: Weil ich auch immer finde, dass dann so komische Bilder im Kopf entstehen.

00:03:06: Wenn man schon zu viele sieht.

00:03:08: Ja.

00:03:10: Ich bin ein paar Formerin, ich bin Moderatorin, ich bin Schauspielerin.

00:03:14: Dann habe ich immer das Gefühl, dass auch, ja, genau,

00:03:18: so komische Bilder entstehen oder Erwartungshaltungen entstehen.

00:03:23: Ja.

00:03:25: Ich kürze das auch immer ab.

00:03:27: Ich sage immer, ich mache alles, was mit Worten zu tun hat.

00:03:30: Die Leute können sich aber meistens auch nicht so richtig vorstellen.

00:03:33: Ja.

00:03:35: Und da muss ich es doch irgendwie erklären.

00:03:37: Ich habe mir auch immer so richtig vorgestellt,

00:03:39: dass ich das nicht so richtig vorstelle.

00:03:41: Dann würde ich vielleicht so etwas sagen wie,

00:03:43: das ist meine Freundin Kübra.

00:03:45: Sie wurde erst kürzlich völlig zu Recht mit dem deutschen Schauspielpreis

00:03:48: in der Kategorie "Starker Auftritt" ausgezeichnet.

00:03:50: Konkret ging es da um die Folge Millionen Gründe der ZDF-Krimiserie "Die Chefin".

00:03:53: Außerdem sind ihre Auftritte in der ZDF "Cabaret Show die Anstalt"

00:03:56: in Erinnerung, wo es zum Beispiel in einem Format um den ernüchternden

00:03:59: Status quo der Inklusion in deutschen Schulen ging.

00:04:02: Und sie weist unermüdlich durch Wills und Posts auf Instagram

00:04:06: auf "Ebelismus" und "Diskriminierende Gesetze"

00:04:09: oder "Verhaltensweisen" hin.

00:04:11: Das ist ja so, was ich sagen würde, weil du in meinen Augen

00:04:14: und in meiner Wahrnehmung ein Mensch bist, der sehr selbstbewusst

00:04:16: und klug und super vernetzt ist und in vielen Bereichen

00:04:19: eben oft eine der ersten oder auch die erste ist,

00:04:22: die Türen öffnet und wehgeeppnet.

00:04:25: So, und dann wüssten die Leute vielleicht, was du so ein bisschen, was du machst.

00:04:28: Wow, ich fühle mich total, ich bin berührt.

00:04:31: Und würden denken, ich möchte auch mit Kübra befreundet sein.

00:04:34: Genau.

00:04:37: Also, wir gehen mal ein bisschen rein und schauen mal,

00:04:41: wie du vielleicht als Mensch genau an diese Stelle gekommen bist,

00:04:44: wo du jetzt in deinem Leben bist, in diesem Moment,

00:04:47: wo wir uns in diesem Podcast unterhalten.

00:04:50: Ich habe es gerade schon gesagt, ein Meilenstein

00:04:53: ist gerade deine Auszeichnung mit dem deutschen Schauspielpreis.

00:04:56: Und bevor wir über Projekte und vielleicht auch entscheidende Szenen

00:04:59: deines Bühnenlebens reden, würde ich gerne zurück schauen

00:05:03: und gucken, wie das alles angefangen hat.

00:05:06: Gibt es in deinem Leben, das ist ja meist ein bisschen romantisierend,

00:05:10: so eine Erzählung davon, dass du schon als kleines Kind

00:05:13: geschauspielert hast und in verschiedene Rollen geschlüpft bist.

00:05:16: Ich war zum Beispiel, ich habe immer eigene Radiosendungen produziert

00:05:20: in meinem Kinderzimmer auf Kassette

00:05:23: und dann manchmal auch so die Oskars moderiert oder sowas.

00:05:27: War das bei dir auch so?

00:05:29: Bei mir war das tatsächlich auch so.

00:05:32: Wir hatten an der Schule ein Radio, das hieß Radio-Rolli-Pop.

00:05:38: Tatsache, ich war auf einer Förderschule

00:05:42: und damals hatten wir dieses Radio

00:05:45: und wir haben, ich glaube, einmal im Monat,

00:05:48: eine CD rausgebracht mit selbstgeschriebenen Texten,

00:05:55: Interviews, Charts, zum Beispiel auch.

00:05:59: So habe ich eigentlich das moderieren angefangen,

00:06:02: und mit dem Schauspiel habe ich auf der Bühne in der Aula

00:06:07: in der Schule angefangen, in der Theater AG.

00:06:11: Das ist sehr ähnlich wie bei mir.

00:06:14: Es gab auch die Theater AG ab der 7. Klasse,

00:06:17: auch Schulradio 5.6.

00:06:19: und dann kam irgendwann die Kunstlehrerin zu mir im Gymnasium

00:06:22: und meinte, wir machen doch jedes Jahr Schulball,

00:06:24: wir brauchen da jemanden, der moderiert.

00:06:27: Das kannst du, glaube ich, und so ging das los.

00:06:30: Das verrückt irgendwie.

00:06:32: Was dann so am Ende des Lebens, wollte ich gerade sagen,

00:06:35: was dann so am Ende der Schulzeit, otoi, toi, toi,

00:06:38: bei rausgekommen ist.

00:06:40: Kannst du so ein bisschen beschreiben,

00:06:42: was deine Faszination am Darstellen geweckt hat?

00:06:45: Also, wenn du sagst, du warst auch in der Theater AG,

00:06:48: gab es da viel Raum, auch sich zu entfalten

00:06:50: und auszuprobieren?

00:06:52: Ja, total.

00:06:54: Mich hat, glaube ich, als Erstes fasziniert,

00:06:59: Sichtbarkeit.

00:07:01: Also, ich stelle mich auf eine Bühne

00:07:03: und erzähle eine Geschichte

00:07:06: innerhalb einer Rolle zum Beispiel.

00:07:09: Und man hört mir zu, ich werde gesehen

00:07:12: und am Ende applaudiert mir jemand.

00:07:16: Das hat mich sofort fasziniert.

00:07:19: Und ich glaube, das hat sich auch bis heute durchgezogen.

00:07:23: Also, auch im jetzigen Leben in meinem Beruf,

00:07:26: ich glaube, das ist der Grund,

00:07:29: warum ich diesen Beruf ausübe,

00:07:31: weil ich die Sichtbarkeit genieße

00:07:34: und es genieße, Geschichten zu erzählen.

00:07:37: Hattest du da auch so Support von deiner Familie?

00:07:41: Sind die dann auch zu den Aufführungen der Theater AG gekommen?

00:07:44: Ja, tatsächlich.

00:07:46: Nicht zu allen.

00:07:48: Die Eltern sind sie gekommen

00:07:50: und die waren immer sehr stolz.

00:07:52: Also, das waren die peinlichen Eltern,

00:07:54: die nach der Vorstellung gekommen sind

00:07:58: ins Backstage und gesagt haben,

00:08:00: "Mäuschen, du warst so toll!"

00:08:02: Und das willst du natürlich in der 8. Klasse,

00:08:04: 9. Klasse nicht mehr hören.

00:08:07: Genau.

00:08:09: Aber ja, die waren da, warst sehr stolz.

00:08:12: Wie war das bei dir?

00:08:14: Hattest du auch solche Eltern?

00:08:16: Ja, die waren natürlich auch immer da,

00:08:19: zumindest jedes Jahr bei einer Aufführung,

00:08:22: ist ja dann auch am Ende immer das Gleiche.

00:08:25: Einmal musste ich, das war schon im Abi-Jagang,

00:08:28: da musste ich singen auf der Bühne.

00:08:30: Und da hat meine Mutter dann danach zu mir gesagt,

00:08:33: naja, also mit dem Mikrofon hat sich das ja schon ganz gut angehört

00:08:36: und das war so das allergrößte Lob, was ich bekommen konnte.

00:08:39: Oh!

00:08:41: War sie da sehr sparsam?

00:08:43: Aber sie waren, also ich hab mir trotzdem vermittelt,

00:08:46: dass sie das ganz toll finden und sehr stolz darauf waren.

00:08:50: Und jetzt ja sowieso, also ist ja klar.

00:08:53: Cool.

00:08:55: Du hast in einem Interview beim Kölner Treff gesagt,

00:08:57: dass du früh gelernt hast,

00:08:59: für deine Träume und Ziele dreimal härter kämpfen zu müssen.

00:09:02: Und dass es ein Hartz-Training ist,

00:09:04: an sich selbst zu glauben und für sich einzustehen.

00:09:07: Wie war das beim Schauspiel?

00:09:09: Welche Erfahrungen hast du als behinderte Person,

00:09:12: die du im Kölner Treff des Traums gemacht hast?

00:09:15: Was habe ich für Erfahrungen gemacht?

00:09:18: Also angefangen habe ich ja in einem Performance-Kollektiv,

00:09:24: wo ich zum Glück nicht die einzige behinderte Person war.

00:09:29: Ich habe mich total durch meine Mitperformerin empowered gefühlt.

00:09:34: Und so als Kollektiv bist du sowieso geschützter als einzelne Künstlerin,

00:09:41: wo du irgendwo auftauchst, weil du in einer Gruppe bist

00:09:47: und dich sowieso schon zugehörig fühlst.

00:09:50: Und gewisse Aufgaben waren schon verteilt,

00:09:53: wo ich nicht alleine für mich kämpfen musste

00:09:55: oder mich irgendwie durchsetzen musste,

00:09:58: irgendwas verhandeln musste oder so,

00:10:00: weil das alles schon passiert war.

00:10:03: Und als ich dann weiter als Solokünstlerin weitergemacht habe,

00:10:09: habe ich eigentlich bisher nur positive Erfahrungen gemacht im Theater.

00:10:18: Weil ich immer das Glück hatte, muss man sagen,

00:10:23: dass sehr viel auf meine Barrierefreiheitsanforderungen eingegangen wurde,

00:10:30: mich irgendwie auch immer nach meiner Meinung gefragt.

00:10:35: Ob ich mit Texten zum Beispiel einverstanden bin

00:10:42: oder mit mir wurde immer viel kommuniziert.

00:10:48: Und ich war damals total happy darüber,

00:10:51: aber wenn ich jetzt zurückblicke,

00:10:56: ich habe so viel Arbeit gehabt immer.

00:10:59: Also klar wollten diese Leute mit mir zusammenarbeiten,

00:11:04: aber ich musste dann halt neben dem Spielen,

00:11:10: musste ich irgendwie mit der Technik kommunizieren,

00:11:14: wie hoch die Rampe sein darf, wie steil die Rampe sein darf,

00:11:19: welcher Aufzug funktionieren muss.

00:11:21: Ich hatte von zu Hause aus viel längere Zugfahrten,

00:11:27: weil Aufzüge kaputt waren und so weiter und so fort.

00:11:31: Und dann habe ich noch Sensivity-Reading gemacht.

00:11:36: Heute sage ich, das ist nicht mein Job, das alles.

00:11:41: Heutzutage hat man einen Access-Rider, den schickt man einmal mit der E-Mail mit.

00:11:46: Und für alles andere, ja, das ist nicht mein Job.

00:11:50: Mein Job ist es nur zu spielen.

00:11:52: Access-Rider für die Leute, die nicht wissen, was das ist?

00:11:56: Access-Rider ist so was wie ein Technical-Rider.

00:12:00: Technik-Leute werden das kennen, was man halt für eine Show alles braucht,

00:12:06: an technischen Maßnahmen.

00:12:08: Das hat man adaptiert für behinderte Künstler*innen.

00:12:12: Das kommt tatsächlich auch von behinderten Künstler*innen.

00:12:16: Das ist eine Auflistung an Dingen für dein barriere Freiheitsbedarf.

00:12:23: Da kann drin stehen, dass du einen stufenfreien Zugang brauchst.

00:12:30: Da kann aber auch drin stehen, wie hoch das Waschbecken in deinem Hotel sein muss.

00:12:37: Alles mögliche.

00:12:40: Also nicht nur das, was du dann auf deinem Arbeitsplatz brauchst,

00:12:44: an deinem Arbeitsplatz brauchst, sondern auch drumherum,

00:12:47: wie zum Beispiel im Hotel oder am Hotelbuffet

00:12:51: oder dass du Assistenzen brauchst und so weiter und so fort.

00:12:55: Und du hast ja dann von ein paar Jahren deine Tanzausbildung angefangen.

00:13:01: War das so die erste richtig professionelle Ebene von Darstellung?

00:13:06: Wie war das?

00:13:08: Ich habe mit dem MADE-Programm angefangen.

00:13:13: Das war die erste Weiterbildung für behinderte Künstler*innen im Bereich Tanz.

00:13:23: Ich hatte ja vorher keine Schauspielausbildung gemacht,

00:13:30: weil ich nicht die Möglichkeit dazu hatte.

00:13:33: Deswegen war diese Ausbildung oder Weiterbildung in diesem Tanzbereich

00:13:40: die erste, die ich genießen durfte.

00:13:46: Das war so, dass eine Gruppe von nicht-behinderten und behinderten professionellen oder Laien zusammengekommen ist.

00:13:59: Wir hatten mehrere Blöcke im Jahr, 10 Tage.

00:14:06: In diesen 10 Tagen hatten wir 2-3 Choreograf*innen, die mit uns gearbeitet haben.

00:14:13: Nach 3 Jahren hätte ich den Abschluss bekommen können.

00:14:19: Ich hatte allerdings nur eineinhalb Jahre Zeit dafür,

00:14:24: weil mich mein Berufsleben zu sehr eingenommen hat.

00:14:28: Ich konnte mir das leider nicht mehr weiter leisten, zeittechnisch.

00:14:33: Auf der anderen Seite war es ein schönes Gefühl,

00:14:36: wenn man so viele Angebote hat und so gefragt ist,

00:14:39: dass man sagt, ich muss da irgendwie was downgraden.

00:14:43: Ich war einerseits total dankbar darüber natürlich,

00:14:47: andererseits war ich wirklich auch sehr traurig darüber,

00:14:50: weil ich diesen inneren Impuls und dieser Richtung nicht mehr gerecht werden konnte.

00:14:59: Ich hatte auch die Möglichkeit, das irgendwie so abbrechen musste.

00:15:03: Mittlerweile habe ich auch gelernt, damit umzugehen und zu sagen,

00:15:07: ich brauche keine professionelle Ausbildung,

00:15:10: abgeschlossene professionelle Ausbildung, um mich Tänzer*innen zu nennen.

00:15:15: Ja, ich glaube, das ist auch nochmal so eine Haltungsfrage,

00:15:19: die wir gesamtgesellschaftlich auch nochmal betrachten sollten.

00:15:25: Wer darf sich wie bezeichnen mit welchen Ausbildungswegen?

00:15:29: Genau, genau.

00:15:31: Gut, dann kommen wir mal zu unserem ersten Spiel,

00:15:36: bevor wir mit dem nächsten Thema weitermachen.

00:15:39: Und dieses Spiel heißt "Alles auf Zeit".

00:15:42: Das heißt, ich stelle dir ganz viele Fragen in 90 Sekunden

00:15:46: und du beantwortest diese Fragen aus dem Bauch heraus, ohne lange zu überlegen.

00:15:53: Das geht ja um deine Intuition.

00:15:55: Okay, dann legen wir mal los.

00:15:59: Ganz schön, knapp, "Alles auf Zeit".

00:16:06: In welche Rolle würdest du gerne mal schlüpfen?

00:16:10: Ui, früher habe ich immer gesagt, ich möchte in Machtposition schlüpfen.

00:16:15: Heute möchte ich Main-Charakter sein.

00:16:17: Ich muss ganz kurz abspeichern, ich muss da nachher noch was zu sagen.

00:16:21: Dein Lieblingswort aus einer Fremdsprache.

00:16:25: Ich sage es auf Türkisch jetzt mal.

00:16:33: Oh mein Gott, warte, es gibt so viele schöne ...

00:16:39: Ach du Scheiße.

00:16:44: Lach mal schon.

00:16:47: Das ist nicht das, das ist die schwierigste Frage mit.

00:16:50: Dein persönliches Unwort des Jahres.

00:16:53: Unwort ...

00:16:55: Universum.

00:17:00: An was denkst du beim Einschlafen?

00:17:03: Entweder über das, wie der Tag abgelaufen ist

00:17:09: oder was mir morgen bevorsteht.

00:17:12: Wer ermittelt mit dir im Tatort?

00:17:15: Ah, Sayoah Alvarez.

00:17:18: Oh ja, wenn morgen die Welt untergeht, dann ...

00:17:22: Oh Gott, dann werde ich all meinen Erspartes auf den Kopf hauen,

00:17:28: es mit anderen Leuten teilen und mir was Gutes tun.

00:17:33: Was war das letzte, was du schönes Geschenk bekommen hast?

00:17:37: Was habe ich geschenkt bekommen?

00:17:43: Mir fällt sofort mein Zuggerät ein.

00:17:47: Das habe ich nicht für mein letztes, nicht für mein letzten Geburtstag,

00:17:52: sondern davor bekommen von all meinen Freund*innen.

00:17:56: Cool.

00:17:57: Und meiner Partnerin.

00:17:59: Als du gesagt hast, du würdest gerne in Machtpositionen schlüpfen,

00:18:02: ich fehl mir so ein Ausschnitt ein.

00:18:04: Aus einer Fernsehsendung habe ich letztens als kurzes Video als Real gesehen.

00:18:08: Da fragt eine Moderatorin die Gäste hin.

00:18:11: "How are you?"

00:18:13: Und dann antwortet sie, "I am successful, how are you?"

00:18:17: Wow.

00:18:19: Das ist die beste Antwort aller Zeiten.

00:18:22: Ah.

00:18:24: Geil.

00:18:26: Das ist jetzt beidet.

00:18:28: Also, setzt ihr erst mal mit so einem Standing.

00:18:31: Genau.

00:18:32: Also, wir haben ja gerade über den Start deiner Tanzausbildung gesprochen

00:18:36: und so ein bisschen Schulzeit und wie das alles so losging.

00:18:40: Wie hast du das alles noch in Erinnerung?

00:18:44: Gibt es da irgendwas, was du für die Zeit heute besonders gelernt hast

00:18:48: und wo du immer wieder daran denken musst?

00:18:51: Ja, das ist irgendwie ein Thema, was mich auch heute noch beschäftigt

00:18:59: oder begleitet.

00:19:01: Und das ist, dass ich früher immer so, so sehr nicht behinderten Menschen gefallen wollte,

00:19:11: um dabei sein zu können, um mich zugehörig zu fühlen.

00:19:16: Und das war extrem in der Zeit.

00:19:20: Gerade so nach der Schule, ich war ja auf einer Förderschule,

00:19:25: wie ich vorhin schon gesagt habe,

00:19:27: nach der Schule, ich bin ja auch nicht sofort in die künstlerische Schiene eingestiegen,

00:19:36: sondern musste erst mal eine kaufmännische Ausbildung machen,

00:19:39: weil das allen behinderten Menschen geraten wird von der Agentur für Arbeit.

00:19:45: Genau.

00:19:47: Und ja, ich glaube wirklich, dass das so das Hauptding war für mich,

00:19:54: passt dich an, sei so nicht behindert wie möglich, damit du irgendwie akzeptiert wirst.

00:20:01: Und heute, wie entscheidest du über Rollenangebote?

00:20:05: Gibt es da Kriterien, die wichtig für dich sind?

00:20:08: Ja, absolut.

00:20:10: Also zunächst einmal, ich muss natürlich abwägen,

00:20:16: kann ich die Rolle gerade absagen oder nicht,

00:20:19: also vom finanziellen her gesehen.

00:20:24: Aber wenn ich irgendwie gut aufgestellt bin,

00:20:27: dann gibt es auf jeden Fall Kriterien,

00:20:30: und das ist, dass die Rolle nicht "Abelismus" reproduziert,

00:20:36: dass die Rolle autonom ist und nicht irgendwie besondere,

00:20:43: bestimmte Narrative widerspiegelt.

00:20:48: Ja, ich glaube, ich würde keine Rolle mehr annehmen,

00:20:54: wenn es mein Konto mir erlaubt,

00:20:59: die nicht auf Augenhöhe mit anderen ist

00:21:05: und ja komplett klischeehaft dargestellt wird und erzählt wird.

00:21:12: Du hast mal gesagt, dass die Teilnahme am CSD oder dem Dyke-March in Köln

00:21:19: für dich heute ein politischer Akt ist,

00:21:22: wohingegen es dir früher eher noch so ein Party ging.

00:21:25: Inwiefern ist die Bühne oder auch das Fernsehen auch ein politischer Ort für dich,

00:21:30: was ja gerade auch schon gesagt, die Rollen, die "Abelismus" reproduzieren,

00:21:33: die kommen auf keinen Fall in Frage.

00:21:36: Also, für mich ist es sogar politisch,

00:21:42: wenn ich in einen Raum reinfahre, als behinderte, queere, migrantische Frau,

00:21:47: dort überhaupt zu existieren, ist für mich politisch.

00:21:52: Und umso mehr natürlich dann auf der Bühne oder vor der Kamera,

00:21:56: wo ich eine ganz andere Reichweite habe.

00:22:01: Und ja, es ist absolut politisch für mich.

00:22:06: Es ist nicht nur irgendwie, das ist meine Leidenschaft

00:22:09: und ich lebe mein Traum gerade, sondern es ist immer dabei,

00:22:15: was hat das für Konsequenzen behindertenpolitisch oder anderweitig.

00:22:23: Empfindest du das manchmal auch als anstrengend,

00:22:26: dass das immer, also dass dieses Narrativ immer dabei ist,

00:22:30: das kenne ich ja auch.

00:22:32: Boah, ist das so anstrengend.

00:22:34: Es ist so unglaublich anstrengend.

00:22:36: Ich weiß nicht, wie es dir geht.

00:22:38: Aber ja, nicht einfach mal sein zu können

00:22:43: und irgendwie seine Existenz immer irgendwie,

00:22:47: auch wenn nicht direkt, aber so unterbewusst,

00:22:54: so recht zu fertigen.

00:22:56: Ich habe immer das Gefühl, dass ich mich rechtfertigen muss,

00:22:59: dass ich mich beweisen muss, um damit mir irgendwie Leute zuhören.

00:23:04: Ja, ich habe das mal in einem Text so beschrieben,

00:23:08: dass ich fühle, als würde ich jeden Tag anwältigen

00:23:11: in einer eigener Sache sein.

00:23:12: Das ist ja genau das.

00:23:14: Und dass ich das aber auch nicht abstellen kann.

00:23:16: Also ich kann halt nicht aufstehen und sagen,

00:23:18: heute gehe ich mal in der Masse unter,

00:23:20: habe ich gar keinen Bock.

00:23:22: Heute bin ich unpolitisch, wenn ich irgendwo reinkomme.

00:23:24: Das ist halt nicht so.

00:23:27: Nein, das geht nicht.

00:23:28: Den Scheitern müssen wir noch total erschöpfen.

00:23:32: Auf jeden Fall.

00:23:33: Ich rede auch in meiner Psychotherapie ganz oft darüber.

00:23:37: Das ist voll auf Thema.

00:23:40: Du machst ja auch ganz viel auf Instagram.

00:23:43: Und unter anderem hast du zuletzt den Sender Sat.1 aufgefordert,

00:23:50: freie Sendezeit behinderten Aktivist*innen und Künstler*innen

00:23:54: zu schenken.

00:23:55: Kannst du da ein bisschen was dazu sagen, wie es dazu kam?

00:23:58: Ja.

00:23:59: Dazu kam es, weil Luke Mockridge wieder einmal total problematische

00:24:08: Dinge von sich gegeben hat.

00:24:10: Und zwar in einem Podcast von zwei Typen,

00:24:15: dessen deren Namen ich schon wieder vergessen habe.

00:24:18: Besser, wenn es nicht aufhört.

00:24:20: Auf jeden Fall.

00:24:22: Haben die da wirklich so ein Trash von sich gegeben.

00:24:27: Und eine kurze Zeit später wurde veröffentlicht,

00:24:31: dass Luke Mockridge mit seiner Show auf Sat.1 laufen sollte.

00:24:36: Dagegen haben sich viele behinderten Aktivist*innen

00:24:42: auf Social Media aufgeregt und sich dagegen gestellt,

00:24:45: Petition gestartet, bis Sat.1 dann so unter Druck gewesen ist.

00:24:51: Dass der Luke nicht mehr dort stattfinden wird.

00:24:57: Und ich dachte mir, gut, da ist auch ein Sendeplatz frei geworden.

00:25:01: Das kann man doch jetzt so gut nutzen und eine Talkshow mit

00:25:05: Ninja da hinsetzen.

00:25:07: Oder, weiß ich nicht, irgendeine Spiele-Show, Quiz-Show,

00:25:12: Kochsendung von Sayoa könnte da auch laufen.

00:25:16: Oder eine Leidneid mit Kübra.

00:25:18: Oder eine Leidneid mit Kübra, genau.

00:25:20: Ja, ich habe leider bis jetzt nichts gehört von Sat.1.

00:25:24: Wenn du sagst, du sprichst, also ich weiß ja,

00:25:30: dass auch Arbeit auf Instagram wirklich teilweise

00:25:34: ermüdend und erschöpelt ist.

00:25:36: Und wenn du sagst, du sprichst da auch viel in deiner Therapie drüber

00:25:40: und du hast auch mal in dem Interview mit Bettina Böttinger

00:25:43: zum Thema Mehrfachdiskriminierung gesagt,

00:25:45: dass das Potenzial für Depressionen sehr, sehr hoch ist.

00:25:49: Hast du da Werkzeuge, dich davor zu schützen

00:25:53: oder dich irgendwie aufzufangen?

00:25:55: Ja, definitiv.

00:25:58: Nicht viele, aber manche.

00:26:01: Und zwar ist das so, mich viel mit Menschen zu umgeben,

00:26:06: denen es vielleicht ähnlich geht wie mir,

00:26:10: wo ich mich in diesen Räumen vielleicht ein bisschen sicherer fühle,

00:26:15: nicht mit ganzer Rüstung aufkreuzen muss,

00:26:19: falls irgendeine Diskriminierungsform aufploppt.

00:26:23: Genau, das ist, glaube ich, so eines meiner Haupttools.

00:26:29: Aber auch in meiner künstlerischen Arbeit

00:26:34: irgendwie versuchen, das aufzuarbeiten

00:26:37: und es so gut es geht für mich zu nutzen.

00:26:41: Ja, um auch so diese Frust und Wut,

00:26:47: die in diesen ganzen Jahren entsteht,

00:26:51: irgendwie zu kanalisieren und zu etwas zu entwickeln,

00:26:58: was mir im Endeffekt nicht noch mehr schadet,

00:27:02: sondern vielleicht mich sogar empowert.

00:27:08: Hast du da auch, darf ich dir Fragen zurückstellen?

00:27:12: Ja, du darfst du, ja.

00:27:14: Hast du auch solche Tools?

00:27:17: Und wenn ja welche?

00:27:19: Ja, ich habe sehr gut gelernt,

00:27:22: inzwischen andere Leute für mich mit einzubinden,

00:27:25: Nein zu sagen, zu Sachen.

00:27:28: Wenn mir Dinge zu viel werden,

00:27:31: das ist oft dann so, dass ich irgendwie zu viel habe.

00:27:34: Und ich habe ein sehr gutes Netz hier zu Hause,

00:27:38: an Familie und Freund*innen, die mich da gut auffangen können.

00:27:42: Ja.

00:27:44: Und tatsächlich ist auch das Schreiben,

00:27:46: auch wenn ich nicht mehr viel öffentlich mache,

00:27:48: diese paar Kolumnen, immer noch so ein Tunnel,

00:27:50: um Dinge loszuwerden und abzulegen.

00:27:53: Ja.

00:27:54: Und dann sind sie erstmal aus dem Kopf raus.

00:27:56: Aber ich glaube, ganz geschützt ist man nie.

00:27:59: Also, ja.

00:28:01: Nein, das glaube ich auch nicht.

00:28:03: Ja, aber gerade auch der Austausch mit Leuten wie dir

00:28:06: oder anderen Menschen, die wir beide kennen,

00:28:10: hilft da glaube ich auch viel allein zu haren,

00:28:13: dass man verstanden wird.

00:28:15: Also, wenn du sagst, es ist ein politischer Akt,

00:28:17: wenn ich irgendwo reinkomme, dann denke ich,

00:28:19: ja, das checkt mein Mann vielleicht nicht,

00:28:22: solange er mit mir zusammen ist,

00:28:25: oder mich liebt oder whatever,

00:28:27: lebt als weißer, normal großer Zisman.

00:28:31: Ja, voll.

00:28:33: Das ist kein politischer Akt für ihn, irgendwo herzukommen.

00:28:36: Nein, voll.

00:28:38: Ja, auf jeden Fall.

00:28:40: Gibt es Unterschiede in Sachen Diversität zwischen Film und Theaterbranche?

00:29:05: Ich würde sagen, ja.

00:29:08: Inwiefern?

00:29:10: Vor allem Unterschiede, wenn es um die freie Theater-Szene geht

00:29:15: und Fernsehen geht.

00:29:18: Da gibt es größere Unterschiede.

00:29:21: Ich habe das Gefühl, dass die...

00:29:24: also, da spreche ich tatsächlich aus meiner persönlichen Empfindung

00:29:28: heraus jetzt, weil ich nicht deutschlandweit

00:29:31: in der freien Szene unterwegs bin,

00:29:34: sondern eher NRW.

00:29:37: Ah, nee, Berlin auch manchmal.

00:29:40: Auf jeden Fall habe ich da das Gefühl,

00:29:43: dass da viel mehr darauf Wert gelegt wird,

00:29:46: dass es marginalisierten Gruppen so gut geht,

00:29:51: dass sie gut arbeiten können.

00:29:54: Zumindest war das bisher immer mein Glück,

00:29:59: so eine Erfahrung machen zu dürfen.

00:30:02: Es ist immer noch so, dass weiße, hetero,

00:30:09: nicht behinderte Leute diese Räume dominieren.

00:30:17: Das ist definitiv noch so.

00:30:19: Aber ich merke immer mehr, wie sich angestrengt wird, dass diese Räume sich mehr durchmischen.

00:30:30: Wir haben zum Beispiel auch Workshops oder Weiterbildungen für Künstler*innen oder für Kollektive oder für Theaterhäuser,

00:30:47: die sich mit Barrierefreiheit auseinandersetzen, was in der Filmbranche "null" stattfindet.

00:30:56: Wir haben auch Workshops, die sich zum Beispiel mit...

00:31:06: Oh Gott, wie heißt das denn jetzt?

00:31:12: Mir fällt der Begriff nicht ein.

00:31:16: Aber ich habe da zum Beispiel in der freien Szene auch eine Kollegin, die Sofia Neises, die eine ganz neue Sparte in Deutschland eröffnet hat.

00:31:28: Und zwar, dass sie Dramaturgie macht, aber Dramaturgie für blindes Publikum als Tänzerin und Performerin.

00:31:39: Und sie wurde zum Beispiel auch letztes Jahr mit dem Tanzpreis ausgezeichnet als New-Kamerin, glaube ich.

00:31:49: Und das sind alles so Tools und Formen, mit denen sich Fernsehen und die Filmbranche noch nicht mit beschäftigen.

00:32:00: Also, dass sie auch auf künstlerischer Ebene neue Formen finden, wie im Theater, wobei das sich bestimmt nochmal ganz anders gestalten würde.

00:32:17: Also, ich glaube, in einem Theaterraum hat man, glaube ich, einen größeren Raum für diese Entwicklung,

00:32:27: als in der Filmbranche, wo auf jeden Cent geachtet wird, wo die Produktionen mit ultra wenig Geld sowieso auskommen müssen.

00:32:40: Aber ich denke mir auch immer so, hey, ihr habt auch die Kohle, die Maincharakter, mit irgendwelchen krass berühmten Leuten zu besetzen,

00:32:50: die was weiß ich, wie viel Geld kosten, wieso könnt ihr euer Geld dann nicht in einer Rampe stecken?

00:32:56: Oder in einer DGS-Dollmetscherin?

00:32:59: Ja, aber mein Eindruck ist schon, dass im Theaterbereich es viel flexibler und viel mehr, dass es da viel mehr Interesse für gibt.

00:33:13: Wie erkennst du, ob du als Token, also als Aushängerschuld, Schild,

00:33:20: Aushängerschuld ist auch schön, Aushängerschild benutzt wirst in Produktionen, so die Leute sagen, ja, wieso, was ist denn?

00:33:28: Haken dran, wir tun was für Inklusion und Diversität. Wie erkennst du das und wie gehst du damit um?

00:33:36: Ich erkenne das sofort, wenn ich weiß, ich bin die einzige behinderte Person mit einer sichtbaren Behinderung.

00:33:44: Am Set, daran erkenne ich das sofort.

00:33:53: Und auch so für Dinge, die ich moderiere, Veranstaltungen, die ich moderiere.

00:34:02: Wenn ich ein Panel moderiere mit drei nicht behinderten Menschen, ich bin als Moderation dann behindert

00:34:11: und es geht aber um das Thema Inklusion. Dann weiß ich, ich bin das Token.

00:34:19: Meistens ist das so offensichtlich eigentlich.

00:34:28: Bei mir ist das ja auch wirklich nicht nur die Behinderung, sondern auch das offensichtliche ist bei mir auch, dass ich migrantisch bin.

00:34:36: Queer ist vielleicht nicht so offensichtlich, aber das Migrantische schon.

00:34:41: Und wenn ich dann auf komplett weißen Panels die ganze Zeit sitze und es wird auch trotzdem über Inklusion gesprochen.

00:34:50: Und ich bin dann die einzige Person mit Behinderung, die einzige migrantische Person.

00:34:56: Es ist manchmal so absurd.

00:34:59: Das ist doch praktisch für die Veranstaltungen, du bringst alles in einer Person mit.

00:35:03: Ich bringe alles mit, ja genau.

00:35:06: Wie gesprächst du das an?

00:35:09: Ja, ja, ja, ja. Vorher spreche ich das immer an.

00:35:13: Ich versuche immer irgendwie einen Denkanstoß zu geben.

00:35:17: Ich frage auch so, hey, ich kenne die und die Person, die würde voll gut in dieses Panel passen.

00:35:23: Habt ihr die schon angefragt?

00:35:25: Oder hey, ich kenne total gute Sensivity-Reader, die das Drehbuch sich nochmal angucken könnten.

00:35:33: Ja, meistens verläuft sich das im Sander.

00:35:37: Und ja, aber mehr kann ich dann an der Stelle auch nicht machen.

00:35:44: Weil es ganz oft um die Frage geht, kann ich mir das leisten, diesen Job jetzt abzusagen oder nicht?

00:35:54: Ja.

00:35:56: Stell dir vor, eine behinderte Person würde eine Hauptrolle in einer Serie oder einem Film spielen.

00:36:02: Geschrieben von behinderten Autorennen. Was könnte das ändern?

00:36:06: Diese Frage hast du kürzlich in einem Insta-Beitrag gestellt.

00:36:09: Und jetzt frage ich dich, was könnte das ändern?

00:36:12: Das könnte so viel verändern.

00:36:16: Aber trotzdem müssen das die richtigen Personen dafür sein, damit es was ändert.

00:36:22: Weil es gibt genug behinderte Menschen, die zum Beispiel auch internalisierten Ableismus in sich tragen, mich eingeschlossen.

00:36:30: Das ist immer ein Prozess, woran wir arbeiten müssen.

00:36:34: Aber wenn die Autorin selbst reflektiert wäre über diese Diskriminierungsform und aufgeklärt wäre,

00:36:51: dann hätte sie die Chance, diese Rolle authentisch zu erzählen.

00:36:57: Erstens, weil die behinderten Rollen werden ja, ich glaube, ich würde sagen, zu 20 Prozent authentisch erzählt.

00:37:07: Alles andere ist eher das, was sich nicht behinderte Menschen vorstellen, wie behinderte Menschen leben, ihr Leben liebt.

00:37:17: Wir hätten authentische Erzählungen von behinderten Leben.

00:37:25: Und wir hätten die Möglichkeit, andere Betroffene zu empowern.

00:37:33: Wenn ich jetzt eine Serie sehen würde, die so gut erzählt werden würde, würde ich empowert werden, zum Beispiel mehr in die Kunstszene einzutauchen oder irgendwo studieren zu gehen.

00:37:51: Also all das, was uns erzählt wird, das kannst du nicht, weil die Barrieren sind zu groß.

00:37:59: Würde ich mich vielleicht mehr trauen anzugehen.

00:38:03: Ich würde mich repräsentiert fühlen und mit einer anderen Selbstverständlichkeit durch diese Welt rollen, als ich es jetzt tue.

00:38:15: Und nicht behinderte Menschen hätten mal ein Bild davon, auch wenn sie keine behinderten Menschen in ihrem privaten Umfeld hätten haben,

00:38:27: hätten mal ein Bild davon, wie ein behindertes Leben aussehen kann.

00:38:31: Wir sind ja keine homogene Gruppe.

00:38:33: Aber sie hätten mal ein realistisches Bild und vielleicht auch weniger Vorurteile.

00:38:41: Also ich weiß es nicht. Was glaubst du, was das ändern könnte?

00:38:45: Ja, also genau das Gleiche.

00:38:47: Ich würde mich freuen, wenn vor allem, was es vielleicht ändern könnte, ist dieser Blick, dass behinderte Menschen oder behinderte Darsteller*innen, Erzähler*innen immer nur über Behinderung erzählen können.

00:39:03: Ich würde mir wünschen, dass es wäre, oder wenn ich selber schreiben könnte, wäre ein Format, wo es eben auch, aber nicht nur, so wie das Leben nun auch einfach ist, um die Behinderung gehen würde.

00:39:15: Und nicht nur dieses "Wir machen jetzt eine Serie und da müssen wir aber auch ganz doll den Fokus darauf setzen, dass die alle trotz ihrer Behinderung richtig cool sind und Geld verdienen."

00:39:25: Ja, ja, ja.

00:39:29: Das glaube ich wäre ein Punkt, den ich mir wünschen würde, der verändert werden würde.

00:39:34: Fällt dir ein gutes Beispiel ein, vielleicht auch aus einer internationalen Produktion oder so, wo du sagst, es kommt da schon ran?

00:39:41: Ja, 1,20 m.

00:39:44: Das ist eine Erzählung über eine Jugendliche, glaube ich, die so in ihrem Dating-Leben steckt oder Schulalltag und Familie.

00:40:02: Und ihr Leben einfach erzählt so, was für Struggles sie gerade durchmacht und das betrifft alle Bereiche des Lebens.

00:40:14: Und wie du sagst, nicht nur ihre Behinderung, die Behinderung ist immer dabei.

00:40:18: Und natürlich hat das dann Einfluss auf alle Bereiche.

00:40:23: Aber es ist eins meiner absoluten Lieblingsproduktion, definitiv 1,20 m.

00:40:31: Das ist ein Punkt, den ich noch nicht kenne.

00:40:34: Und ich kenne mich noch gar nicht.

00:40:37: Du hast ja von dem Seller.

00:40:39: Val Ninja, du schreibst doch.

00:40:42: Wieso schreibst du denn mal nicht eine Serie für uns?

00:40:45: Gute Frage.

00:40:49: Willst du das nicht mal angehen? Willst du da nicht Lust drauf?

00:40:53: Ich glaube, ich habe viel dieses Imposter-Ding, dass ich bis jetzt noch kein Drehbuch geschrieben habe.

00:41:01: Es muss ja vielleicht auch nicht direkt ein Drehbuch sein.

00:41:03: Es reicht ja, wenn wir vielleicht mit einer Erzählung oder mit einer Idee anfangen.

00:41:06: Ja, ja, ja.

00:41:08: Okay, dann ist das jetzt hier festgeschrieben in diesem Podcast.

00:41:12: Ja, bitte.

00:41:14: Wir haben das jetzt fest.

00:41:16: Ja, wir haben das jetzt fest.

00:41:18: Fernsehpreis oder so für Gewinnen, dann wissen wir, hier hat es angefangen.

00:41:20: Du hast ja vorhin auch schon gesagt, du hättest eigentlich auch gerne Schauspiel,

00:41:23: oder du hast eben keine Schauspielausbildung gemacht,

00:41:26: weil die Ressourcen und Möglichkeiten dafür nicht da waren.

00:41:30: Hast du einen Überblick, ob sich das inzwischen geändert hat?

00:41:33: Sind wir da als Gesellschaft ein bisschen weitergekommen?

00:41:36: Gibt es mehr Möglichkeiten für behinderte Menschen,

00:41:39: eine Ausbildung im Schauspiel zu machen?

00:41:42: Ich muss ehrlich gestehen, dass ich nie versucht habe,

00:41:45: bzw. keine Kapazitäten bisher hatte, das mal so richtig zu überprüfen.

00:41:50: Aber was ich merke, ist, dass es immer mehr Projekte gibt,

00:41:55: in denen sich behinderte Menschen irgendwie weiterbilden können.

00:42:01: Allerdings sind diese Projekte meist von nicht behinderten Menschen geführt, geleitet,

00:42:10: was einen enormen Einfluss hat.

00:42:14: Aber ich bin mir sicher, dass diese Leute gar nicht genug reflektieren,

00:42:20: damit denen das bewusst ist.

00:42:22: So, ich glaube, wie in vielen Bereichen denken sich nicht behinderte,

00:42:27: ach komm, wir tun mal was Gutes.

00:42:29: Ja, ich wollte gerade sagen, so Wohlfahrts.

00:42:32: Ja, genau.

00:42:34: Und die versuchen schon irgendwie davon wegzukommen,

00:42:36: so von diesem Wohlfahrtsgedanken.

00:42:39: Und fordern das schon auch mehr so rechtlich ein und so, das schon.

00:42:45: Aber trotzdem ist das so, dass diese Projekte auch im Theaterbereich

00:42:54: dann eher die Räume viel mehr einnehmen,

00:42:59: als dann behinderte einzelne Künstler erinnern.

00:43:03: Weil die werden dann weniger gebucht,

00:43:05: dann werden lieber die größere Organisation oder das größere Kollektiv gebucht,

00:43:10: das ja schon mit so vielen Theaterhäusern gearbeitet hat

00:43:13: und man hat ja so tolle Erfahrungen mit denen gemacht.

00:43:16: Ja, obwohl es halt behinderte Expert*innen schon bereits dafür gibt,

00:43:22: die auch ihren Lebensunterhalt damit verdienen,

00:43:27: und die werden dann nicht mehr gebucht.

00:43:29: Das ist absolut problematisch.

00:43:32: Ansonsten habe ich auch ein, zwei Mal jetzt gesehen,

00:43:37: dass Schauspielschulen auch ausgeschrieben haben,

00:43:43: dass sich behinderte Leute auch melden können,

00:43:46: bewerben können, wo ich mir aber auch sicher bin,

00:43:50: dass es dann eher nur so um Gebäudezugänglichkeit nur geht.

00:43:55: Also Rollifahrer*innen sind dann willkommen,

00:43:59: aber so im Lehrplan wird die barriere Freiheit, glaube ich, nicht dann bearbeitet.

00:44:11: Also ich glaube, es gibt dann trotzdem immer noch die Fechtkurse,

00:44:15: wo die behinderte Person dann nochmal mehr Sprechtraining hat oder so.

00:44:20: Also sowas kann ich mir vorstellen,

00:44:22: anstatt dann die Personenfechten im Rolli lernt.

00:44:27: Also weißte, wie ich meine.

00:44:29: Ja, ja.

00:44:31: Ich weiß, dass es an der Otto-Feltenberg-Schule in München

00:44:37: einen Schauspieldozenten und gleichzeitig Diversity beauftragten,

00:44:42: das ist eine schöne Wort,

00:44:44: mit der ich mal Kontakt hatte, weil er mit einer Freundin von mir befreundet ist,

00:44:49: und der mich angesprochen hatte,

00:44:51: er ist dafür zuständig, vor allem marginalisierte Gruppen anzusprechen

00:44:55: und sich zur Bewerbung zu ermutigen.

00:44:57: Und ihm ging es eben vor allem auch darum,

00:44:59: Menschen mit körperlicher Behinderung, aber immerhin auch anzusprechen

00:45:04: und zu ermutigen, sich zu bewerben.

00:45:07: Und wenn ich das richtig verstanden habe,

00:45:09: kommen die dann auch zu den, ich sag mal,

00:45:11: in Hickchen regulären Aufnahmeprüfungen.

00:45:13: Also da ist jetzt nicht irgendwie extra.

00:45:15: Und wir nehmen dich dann damit wir jemanden haben und so.

00:45:18: Also da scheinen Sachen zu passieren.

00:45:21: Ich kann das nicht bewerten, inwieweit das gut oder schlecht ist an der Schule,

00:45:25: aber fand es schon gut, dass der einfach Leute angeschrieben hat,

00:45:30: um zu sagen, kannst du mir helfen,

00:45:32: über welche Kanäle ich diesen Aufruf spreaden kann und so.

00:45:36: Ja, ich habe damit immer große Probleme,

00:45:40: wenn irgendwelche Institutionen auf mich zukommen und sagen,

00:45:44: hey, kannst du uns die Kontakte verschaffen?

00:45:47: Kannst du deine Reichweite nutzen?

00:45:50: Und ich würde nie im Leben auf die Idee kommen,

00:45:53: ohne dass ich jemals in dieser Schauspielschule dann war

00:45:57: und gesehen habe, wie das da abläuft, da irgendjemanden hinzuschicken.

00:46:01: Weil ich von meinem nicht behinderten Kollege Ihnen schon weiß,

00:46:05: wie Schauspielschulen, was da alles so abgeht.

00:46:09: Ja, ja, genau.

00:46:11: Das ist unglaublich geil.

00:46:13: Es ist so beschissen, wenn ich das so sagen darf.

00:46:16: Und da noch dann irgendwie meine Criptfriends hinzuschicken, nope.

00:46:22: So, wir kommen zum zweiten Spiel.

00:46:26: Wir gehen jetzt immer näher auf die Bühne und spielen sozusagen im Protheater.

00:46:31: Das Spiel heißt "Ändere deine Form".

00:46:34: Und es geht darum, verschiedene Aggregatszustände anzunehmen.

00:46:39: Also das wird für dich was leichtes sein,

00:46:41: weil Wandelbarkeit ja dein Herzensthema ist.

00:46:44: Ich stelle dir die...

00:46:46: "Fresser is on"

00:46:48: Ich fahre den Jingle ab und stelle dir Fragen

00:46:51: und dann wirst du schon merken, worauf das hinausläuft.

00:46:54: Okay.

00:46:56: Ganz schön wild.

00:47:04: Ändere deine Form.

00:47:06: Was wärst du, wenn du ein Gefühl wärst?

00:47:13: Oh, ich wär liebe.

00:47:15: Oh, oh, oh.

00:47:17: Ich wär liebe.

00:47:19: Ja.

00:47:21: Warum?

00:47:23: Weil das so facettenreich ist, also von diesem total beflügelten

00:47:28: auch mal zu diesem Herzschmerzen.

00:47:31: Also ich glaub, dass das viel so abdeckt, was...

00:47:36: Mir wär nie langweilig damit.

00:47:40: So.

00:47:42: Wenn du eine literarische Figur wärst, welche?

00:47:46: Momo.

00:47:48: Ich wär...

00:47:50: Definitiv.

00:47:52: Bei unserem Schauspiel "Hanoufa" wird jetzt Momo gespielt.

00:47:56: Ich gehe im Dezember auch hin.

00:47:59: Viel Spaß.

00:48:01: Ja, und es klingt so... es klingt jetzt wild, wenn ich das sage,

00:48:03: aber es hat... ich fand es richtig schön.

00:48:05: Es ist eine schwarze Schauspielerin, die Momo spielt.

00:48:07: Und ich dachte zu sich, ja, es ist so das Kinderweihnachtsstück

00:48:10: und die gehen dahin, ist so teuer.

00:48:12: Und die machen hier eh schon immer geile Produktion.

00:48:15: Und dann dachte ich so, ja, cool. Also danke.

00:48:18: Bin gespannt auf den Rest.

00:48:20: Für mich war tatsächlich Momo immer schon schwarz.

00:48:23: Ja, genau, deswegen.

00:48:25: Es ist eine meiner absolut liebsten Geschichten.

00:48:27: Ich hab mich lange nicht getraut, das jetzt nochmal zu lesen,

00:48:30: weil ich glaube, dass ich da auch Sachen drin finden werde,

00:48:33: die ich will, finde.

00:48:35: Aber genau, Momo war für mich immer schwarz.

00:48:38: Und dann auch zu sehen, in dieser Theaterproduktion ist das auch so,

00:48:41: dachte ich so, ach cool.

00:48:43: Mega. Ich hoffe, es ist eine schöne Erzählung.

00:48:45: Ja, das hoffe ich auch.

00:48:47: Wenn du ein Musiktitel wärst, welcher?

00:48:50: Irgend ein Titel von Frank Ocean.

00:48:56: Ah, welcher auch nicht.

00:48:58: Was ja zum Gefühl der Liebe passt auf jeden Fall.

00:49:01: Ja.

00:49:03: Ich glaube, Kim Gendwight, ja.

00:49:06: Dann sind wir schon fertig mit dem Spiel.

00:49:09: Und kommen zu unserem dritten Teil.

00:49:12: Wir haben jetzt ganz viel über die produzierende Seite gesprochen

00:49:15: und noch nicht so viel über das Publikum.

00:49:18: Und ich erinnere mich an eine kleine Story.

00:49:21: Ich hab hier in unserem Ablaufplan, habe ich reingeschrieben,

00:49:24: Nina, doppelpunkt kurze Story zu "Republika".

00:49:27: Weiß nicht, ob ich dir das schon mal erzählt hatte.

00:49:30: Ich saß vor vielen, vielen Jahren bei der Republika auf einem Panel,

00:49:33: wo ich in der Universität im Fernsehen ging.

00:49:36: Und da stand dann eine Dame auf, die sich als Redakteurin beim WDR,

00:49:39: so viel kann ich glaube ich sagen, vorstellte.

00:49:42: Und die sagte dann, das sei alles ganz schön und gut,

00:49:45: was wir hier erzählen.

00:49:47: Also es ist aber auch bestimmt zehn Jahre her.

00:49:49: Ich denke trotzdem, dass sie nicht viel daran verändert hat.

00:49:52: Aber die Leute würden solche Sachen, also behinderte Menschen,

00:49:55: solche Sachen nicht sehen wollen.

00:49:59: Also das ist halt schön, wenn Kai Flaume dann zur Weihnachtszeit

00:50:03: mal mit behinderten Kindern irgendwie was macht oder so.

00:50:06: Nichts gegen Kai Flaume.

00:50:09: Ich finde, der macht das gut.

00:50:12: Das war ihr Beispiel.

00:50:14: Aber ansonsten würden die Leute das nicht sehen wollen.

00:50:17: Und da habe ich gesagt, na ja, ich glaube auch nicht,

00:50:20: dass jemand morgens aussteht und denkt, was ich schon immer mal sehen wollte,

00:50:23: ist ein Bauer, der sich eine Frau sucht, mit Kamerabegleitung.

00:50:26: Und trotzdem werden solche Sachen ja produziert.

00:50:29: Und trotzdem gucke auch ich mir teilweise so was an.

00:50:32: Also ist es ja alles irgendwie auch eine Sache der Gewohnheit.

00:50:35: Und wenn man sich nie traut, was du vorhin auch schon gesagt hast,

00:50:38: das anzufangen, dann kann man immer sagen,

00:50:41: ja, die Leute wollen das nicht sehen.

00:50:43: Glaubst du, das breite Publikum ist bereit für Diversität und Inklusion?

00:50:46: Oder ist das schon grundsätzlich die falsche Frage?

00:50:49: Ja, das ist das.

00:50:51: Das ist, glaube ich, die falsche Frage.

00:50:54: Ich glaube eher, dass die Medien formen,

00:50:57: was die Menschen dann konsumieren.

00:51:00: Ja.

00:51:02: Es ist eher so rum, glaube ich.

00:51:04: Und natürlich musst du dann auch gucken, wie du erzählst,

00:51:07: wenn du, wie bis heute erzählst,

00:51:10: was für ein schweres Schicksal wirhnete Menschen haben.

00:51:13: Und das ist ja auch so, dass die Medien,

00:51:16: die Menschen, die die Menschen, die die Menschen,

00:51:19: die die Menschen haben,

00:51:21: ich hätte auch keinen Bock, mir das jeden Tag zu geben,

00:51:24: in dieser Erzählung.

00:51:27: Weil ich als Konsument natürlich

00:51:31: Bock auf authentische Stories habe,

00:51:34: auch authentische Erzählungen habe.

00:51:37: Und so wie mir das draußen passiert,

00:51:42: dass ich, was ich für Blicke bekomme,

00:51:46: also wir werden ja angestarrt,

00:51:49: fast mit den Blicken durchlöchert,

00:51:51: weil diese Menschen so neugierig sind,

00:51:54: wie unsere Körper funktionieren

00:51:56: und wie wir Dinge bewältigen und so.

00:51:59: Ich kann mir sehr gut vorstellen,

00:52:01: dass das deutsche Publikum behinderte Menschen im Fernsehen sehen will.

00:52:05: Aber absolut.

00:52:07: Auf welche Art und Weise?

00:52:09: Genau, die Art und Weise ist die Frage.

00:52:12: Ja.

00:52:15: Würdest du schon sagen,

00:52:17: dass eher die Produktionsseite,

00:52:20: sowohl bei Theater und Film, Fernsehen,

00:52:22: in der Machtposition ist,

00:52:24: oder eher das Publikum,

00:52:26: das ja nicht hingehen kann oder abschalten kann?

00:52:29: Nein, nein, die Produktionsseite sind natürlich auf der Machtseite.

00:52:33: Die entscheiden, was passiert, wie wir entteltaint werden.

00:52:37: Und wir haben ja dann eine Auswahl von Unterhaltungsshows

00:52:44: und Sendungen und Serien.

00:52:49: Aber wir erfinden ja nicht etwas,

00:52:53: womit wir unterhalten werden wollen,

00:52:56: sondern es gibt eine gewisse Palette

00:52:59: und von dem suchen wir uns was aus.

00:53:02: Ja.

00:53:04: Wir erfinden mal was,

00:53:06: hast du denn schon über ein Rollenwechsel

00:53:09: zur Drehbuchautorin oder Produzentin nachgedacht?

00:53:12: Nein.

00:53:14: Also meine Stärke ist tatsächlich nicht das Schreiben.

00:53:19: Ich bin da wirklich eher die ausführende Position

00:53:24: und die Erzählposition.

00:53:27: Aber ich könnte mir das unglaublich gut vorstellen,

00:53:32: mit an so einer Serie zu arbeiten,

00:53:37: als kreativer Kopf

00:53:40: oder als ausführende Position dann.

00:53:44: Auch irgendwie eine Show zu moderieren,

00:53:50: kann ich mir mega gut vorstellen.

00:53:52: Oder irgendwie, ja, dort stattzufinden.

00:53:58: Absolut.

00:54:00: Und dann auch nicht alleine,

00:54:02: sondern mit anderen behinderten Personen.

00:54:05: Weil ich hab die Schnauze voll.

00:54:08: Ich kann nicht mehr alleine in diesen Räumen sein.

00:54:11: Ich hab wirklich die Schnauze voll.

00:54:13: Gibt es eine Geschichte, von der du sagst,

00:54:15: die würde ich gerne mal selber erzählen?

00:54:18: Hm.

00:54:21: Meinst du jetzt als Schauspielerin?

00:54:24: Ja.

00:54:27: Also jetzt keine konkrete Geschichte,

00:54:32: aber auf jeden Fall

00:54:36: eine unabhängige, starke Rolle,

00:54:42: die aus wirklich vielen Teilbereichen ihres Lebens erzählt wird.

00:54:48: Und halt nicht nur aus dieser einen Perspektive,

00:54:51: nicht nur aus der eine Identität heraus,

00:54:54: sondern was aber auch nicht bedeutet,

00:54:57: dass ich jetzt nur die superstarke sein wollen würde,

00:55:01: sondern auch die zerbrechliche Seite

00:55:04: oder ein bisschen so die verletzlichere Seite.

00:55:09: Aber so erzählt, dass es nicht in einen Mitleid rutscht,

00:55:13: sondern in einen Mitgefühl,

00:55:16: also so wie wenn ich bei jeder anderen Figur mithäulen würde,

00:55:20: weil ich dieses Gefühl kenne

00:55:23: und nicht, oh nein, die muss ja so ein schreckliches Leben haben.

00:55:27: Und deswegen flänne ich los.

00:55:29: So ja, genau also so eine vielseitige Person

00:55:35: oder eine Person, die eine Rolle, die vielseitig erzählt wird.

00:55:41: Wir kommen zur letzten konkreten Frage.

00:55:44: Wo hast du das Gefühl,

00:55:46: auf welcher Plattform, Bühne, Film, Social Media wie auch immer,

00:55:52: entfaltest du mit den Themen,

00:55:55: die du so machst, am meisten Wirksamkeit?

00:55:58: Hm.

00:56:00: Boah, das ist voll die schwierige Frage,

00:56:05: weil ich frag mich schon immer so,

00:56:08: was ist eigentlich so die Essenz von dem, was ich tue?

00:56:15: Oder was kommt davon an?

00:56:19: Und wie kommt es an?

00:56:21: Weil meine Intention ist ja meistens so,

00:56:26: hey, beschäftigt euch mit diesen diskriminierenden Strukturen.

00:56:30: Und es ist ja auch total oft so,

00:56:34: wenn ich zum Beispiel Social Media konsumiere,

00:56:38: dann sehe ich ja auch Bildungsarbeit von anderen Bereichen.

00:56:44: Und bei mir ist es meistens so,

00:56:49: dass es einen Denkanstoß gibt

00:56:51: und dass das irgendwie in meinen Alltag mit einfließt.

00:56:54: Und ich frag mich immer, hat meine Arbeit auch diese Wirkung?

00:56:58: Mit Sicherheit.

00:57:00: Ja, danke.

00:57:03: Aber ja, ich bin mir dessen wirklich nie so sicher.

00:57:06: Ja.

00:57:08: Was können wir in nächster Zukunft von dir erwarten?

00:57:11: Kannst du schon irgendwas verraten, was du kommst, was du machen willst?

00:57:14: Was läuft deine Sendung auf Sat.1?

00:57:17: Ja, da müssen wir einmal die Leute von Sat.1 fragen.

00:57:23: Wir bombardieren jetzt alle mit E-Mails Sat.1 zu,

00:57:27: dass es unbedingt eine Sendung mit einem behinderten Host geben soll.

00:57:32: Eine, ja, genau, oder eine Serie, die Nina schreibt.

00:57:36: Was kann man gerade erwarten?

00:57:40: Also ich probe an der Komedie "Köllengrade" für das Weihnachtsmärchen.

00:57:44: Das heißt, Bike ist eine magische Reise.

00:57:48: Dann bin ich nächste Woche bei der Anstalt zu sehen.

00:57:54: Also ich glaube, das ist dann der 13. oder 14. Elfte.

00:57:59: Da wird es ausgestrahlt.

00:58:01: Ja, was mache ich noch?

00:58:03: Ich glaube nichts, was die Öffentlichkeit betrifft.

00:58:06: Das ist schön.

00:58:09: Kyra, vielen, vielen Dank bis hierhin für deinen Besuch.

00:58:13: Wir laden unsere Gäst*innen zum Abschluss immer ein,

00:58:17: unser akustisches schwarzes Brett zu nutzen.

00:58:20: Wir geben dir Raum für deine Botschaft.

00:58:24: Du kannst für Institutionen, für Leute, für irgendwas Werbung machen.

00:58:29: Du kannst sagen, was du schon immer mal sagen wolltest.

00:58:32: Du kannst wütend sein, was auch immer.

00:58:35: Alles, was du erwähnst, wo du sagst, das ist wichtig und toll,

00:58:39: das können wir auch in den Shownots verlinken.

00:58:41: Ich würde den Jingle abspielen und dann bist du dran.

00:58:46: Oh, ja, okay.

00:58:48: Oh, ganz schön wichtig. Platz für deine Werbeanzeige.

00:58:57: Ich möchte gerne Werbung machen für Pop und Pasta.

00:59:06: Das ist eine Kochsendung mit Saioa Alvarez

00:59:10: und ganz, ganz tollen Gäst*innen.

00:59:13: Am 3., 12. bin ich auch zu Gast.

00:59:18: Aber neben mir sind zum Beispiel auch Ebo,

00:59:22: Alhazou, Raul Krauthausen, Sophia Neises

00:59:25: und viele weitere tolle Gäste.

00:59:28: Zuki war auch schon da.

00:59:30: Ja, schaltet unbedingt auf Twitch Pop und Pasta ein.

00:59:35: Sehr cool. Vielen, vielen Dank, Ybra.

00:59:38: Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast.

00:59:41: Danke für die Einladung, Nenir.

00:59:43: Und danke für den nächsten Talk mit dir.

00:59:45: Danke dir auch.

00:59:47: Wir hauen uns wieder in 14 Tagen

00:59:50: und zwischendurch könnt ihr ja mal auf

00:59:53: www.Vetumac.de gehen oder bei Instagram vorbeischauen.

00:59:56: Und wir freuen uns auch über Bewertungen dieses Podcasts

00:59:59: oder wenn ihr hier dieses Glöckchen setzt, um euch erinnern zu lassen.

01:00:02: Ihr wisst Bescheid.

01:00:04: Bis zum nächsten Mal. Tschüss.

01:00:06: [Musik]

01:00:21: Hey, bist du noch da?

01:00:23: Dann bis bald.

01:00:24: Du hörst ganz schön laut.

01:00:26: Den Veto-Podcast. Alle zwei Wochen.

01:00:29: Überall, wo es Podcasts gibt.

01:00:31: Und bis dahin.

01:00:34: Folgt uns auf Instagram und TikTok.

01:00:37: SWR 2020

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